Registrierung PM-BoxMitgliederliste Administratoren und Moderatoren Suche Häufig gestellte Fragen Zur Startseite  

Stefans Geschichten » Willkommen auf der Homepage von Stefan Steinmetz » Die kleine Privat-Ecke » Der Elfenmacher » Der Elfenmacher(49) » Hallo Gast [anmelden|registrieren]
Druckvorschau | An Freund senden | Thema zu Favoriten hinzufügen
Neues Thema erstellen Antwort erstellen
Autor
Beitrag « Vorheriges Thema | Nächstes Thema »
Stefan Steinmetz
Administrator




Dabei seit: 10.02.2006
Beiträge: 1732

Der Elfenmacher(49) Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Stephan glaubte, irre zu werden. So etwas hatte er noch nicht erlebt. Eine Kreatur mit zwei Köpfen. Er starrte in das schummrige, grünliche Licht im Erdstall. Das Wesen hatte tatsächlich zwei Köpfe. Es hatte zwei Beine und einen schmalen Unterleib, auf dem ein normaler Oberkörper saß, der in den Schultern unnatürlich breit wurde und zwei Köpfen Platz bot. Das Wesen hatte einen Buckel. Ein Kopf drehte sich nach rechts. Er war rundlich und runzlig und fast schwarz. Der andere hing herab. Es sah aus, als wolle er unter dem ersten Kopf hindurchschauen.
Der Strahl des grünlichen Lichts traf auf die Seitenwand des Tunnels und beleuchtete beide Köpfe für einen Moment so hell, dass Stephan alle Einzelheiten erkennen konnte.
Chayenne! Das ist ja Chayenne Kowak!
Schlagartig wusste Stephan, was er da vor sich hatte. Das war keine schreckliche Kreatur, die in dunklen Gängen lebte. Es war ein Mann, der ein bewusstloses Kind auf dem Rücken trug. Der Kopf des Mannes war unter einer gestrickten Überfallmaske verborgen.
Das ist Eugen! Das muss Eugen sein. Er trägt Chayenne Kowak auf dem Rücken. Was zur Hölle soll das?
Die Frage war rein rhetorischer Natur. Stephan wusste, was los war. Er war Zeuge, wie der Entführer der Kowak-Mädchen sein neuestes Opfer zu seinem Haus transportierte. Eugen Niedermeyer war der Mädchenmörder.
Ein Lichtlein blitzte in Stephans Sehfeld auf. Er blickte nach unten. Seine Taschenlampe brannte wieder. Sie steckte in der Hosentasche und sie leuchtete wieder. Er setzte sich in Bewegung. Wie ein Schatten folgte er Eugen Niedermeyer. Er beobachtete, wie sein Nachbar den Steinhaufen im Gang überwand. Mit der bewusstlosen Chayenne auf dem Rücken war das nicht einfach. Niedermeyer keuchte und schnaufte.
Stephan verfolgte Eugen in sicherer Entfernung. Der Gang führte abwärts. Er endete vor einer Treppe. Eugen Niedermeyer stieg hinauf. Stephan holte seine Lampe hervor. Er verdeckte den kleinen Scheinwerfer, so dass nur ein winziges Funzellichtchen den Erdstall vor ihm erhellte; gerade so viel, dass er erkennen konnte, wohin er lief.
Er hörte Eugen Niedermeyer oben auf der Treppe keuchen. Stephan schlich hinterher. Er kam in Eugens Scheune heraus. Niedermeyer war schon am Tor. Er öffnete es und lief zu seinem Haus.
Aha. Eugens Gang führt in die die Scheune, nicht in den Keller seines Hauses.
Stephan huschte durch die Scheune. Das Gebäude war leer bis auf einige Kisten an der Wand und ein paar alte Werkzeuge in einer Ecke. Nun wusste er, warum Niedermeyer auf keinen Fall gewollt hatte, dass Polly Kolbe die Scheune betrat. Von wegen Glas und gefährliches Gerümpel! Auch das Dach war in Ordnung. Eugen hatte lediglich verhindern wollen, dass das Mädchen den Eingang in den Erdstall entdeckte.
Stephan schaute hinter sich. Eine aufgeklappte Falltür lag neben dem Eingang im Boden. Eugen wollte wohl zuerst seine Beute ins Haus schaffen, ehe er zurückkehrte, und den Eingang verschloss.
Stephan trat aus der Scheune. Er sah Eugen durch die Hintertür in sein Haus treten. Chayenne hing wie ein nasser Sack über seine Schultern.
Ich muss auf der Stelle die Polizei verständigen. Ich muss anrufen. Gott weiß, was der Irre dem Mädchen antun wird.
Stephan biss sich auf die Unterlippe. Sein Mobiltelefon lag kaputt drunten im Erdstall. In seinem Haus gab es kein Festnetztelefon. Er hatte zum Telefonieren nur seine Funke. Moni war nicht da. Sie besuchte eine Freundin in Achen. Wie sollte er die Polizei verständigen?
Der Erdstall! Den brauchen die nicht zu finden, sonst zählen sie eins und eins zusammen!
Stephan schlich in die Scheune zurück. So leise er konnte verschloss er die Falltür. Dann lief er aus der Scheune und schloss das Scheunentor hinter sich. Schnell jetzt!
Stephan rannte humpelnd an Eugen Niedermeyers Haus vorbei nach vorne zur Straße. Er flankte über das Gartentürchen. Er war im nächtlichen Überwinden von Zäunen und Gartentüren geübt. So schnell er konnte, rannte er ins Dorf. Er lief schnurstracks zu dem öffentlichen Telefon.
Bitte lass es nicht defekt sein, betete er in Gedanken. Das hätte gerade noch gefehlt.
Das Telefon funktionierte. Stephan wählte den Notruf. Anruf ohne Gebühr. Er musste keine Telefonkarte in den Schlitz stecken. Eine weibliche Stimme meldete sich.
„Hallo!“ rief Stephan in den Hörer. Er schaute sich rasch um. Keiner zu sehen. Gut. „Iche musse telefoniere die Polizei“, radebrechte er in allerbestem Gastarbeiterdeutsch mit italienischem Akzent. „Hadde gesehe die böse Manne, die habbe kleine Mädche verschleppte! Hadde gebrachte in Hause!“ Hastig beschrieb er Eugen Niedermeyers Haus und wie er gesehen hatte, dass der Mann ein betäubtes kleines Mädchen dort hinein schaffte.
„Dasse isse die Manne, wo sägte abbe die Hande vonne die kleine Mädche!“ rief er ins Telefon. Er gab sich höchst aufgeregt. „Musse mache schnelle! Polizei musse komme! Avanti!“ Dann legte er auf.
Er machte sich auf den Rückweg.
Meine Fresse!, dachte er. Ihm war eisig kalt. Eugen! Der hat den Erdstall benutzt, um die Kowak-Mädchen zu entführen. Es war purer Zufall, dass unsere Wege sich nie überschnitten haben. Was wäre gewesen, wenn der in Runsach vor mir in die Marienkapelle gegangen wäre? Wenn er den Riegel hinter sich zugezogen hätte? Zum Beispiel letztens, als ich vor der Patrouille der Bürgerwehr abhauen musste? Wäre Eugen vor mir in den Erdstall rein, hätte er von innen den Riegel vorgelegt und ich wäre in der Kapelle eingeschlossen gewesen. Die Kowaks hätten mich erwischt. Die hätten mich in der Kapelle gestellt.
Wie hat der Kerl überhaupt die Tür in der Kapelle aufgekriegt, nachdem ich sie von innen verriegelt hatte? Es muss einen versteckten Mechanismus in der Kapelle geben, mit dem man die verschlossene Tür öffnen kann.
Stephan lief nach Hause. Er sah nicht den dunklen Schatten, der hinter einer Hecke stand und ihm nachstarrte.

*

Da war so ein komisches Pieksgefühl an ihrem Arm. Chayenne wachte auf. Sie wachte sehr schnell auf.
Wieso habe ich geschlafen? Wo bin ich? Was ist hier los?
Sie öffnete die Augen. Sie schaute sich um. Sie lag auf einer Art Tisch in einem Raum, der aussah wie ein mittelalterlicher Keller. Über ihr brannte Licht. Sie sah ein Tischchen mit Instrumenten und Arzneifläschchen.
Bin ich im Krankenhaus? Wieso?
Chayenne erinnerte sich dunkel an die Fahrt mit dem neuen Fahrrad. Sie hatte das Licht ausprobiert und mit Jerome Joel und Marvin ein Wettrennen gemacht. Sie war zum Dorfplatz abgebogen, um die beiden abzuhängen. Das neue Rad lief wie der Wind. Noch nie war Chayenne so schnell gefahren. Es war herrlich. Sie jauchzte vor Freude und Glück.
Sie war über das Kopfsteinpflaster des Dorfplatzes gesaust und hatte einen Bogen um die Begrenzungspoller aus Gusseisen gemacht, die den Platz umgaben. Und dann …
Sie war hingefallen. Oder? Oder war sie umgerannt worden? Chayenne erinnerte sich nicht richtig. Sie war gefahren. Dann hatte sie gebremst. Jemand hatte gerufen. Ja richtig. Jemand hatte sie gerufen und sie hatte gebremst und dann …
Sie erinnerte sich dumpf an starke Arme, die sie umfingen und vom Fahrrad rissen. Sie hatte den Mund geöffnet, um zu schreien und ein dickes Tuch hatte sich auf ihr Gesicht gelegt. Es roch komisch. Irgendwie nach Medizin. Sie hatte den aufdringlichen Geruch eingeatmet und …
Nichts.
An mehr konnte sich Chayenne nicht erinnern.
Starke Arme, die sie festhielten. Hatte sie jemanden gerammt? War sie gestürzt? Hatte jemand sie hochgehoben? Nein. Man hatte sie vom Rad gezerrt. Sehr grob sogar. Und jetzt war sie anscheinend im Krankenhaus. Obwohl … wie ein Zimmer im Krankenhaus sah das nicht aus. Eher wie ein Kerker.
Chayenne wollte sich aufsetzen. Es ging nicht. Etwas hielt sie fest. Sie konnte weder die Arme noch die Beine bewegen.
Sie schaute ihren rechten Arm an und stellte fest, dass sie nackt war.
Ich habe ja nichts an. Wieso bin ich ausgezogen? Soll ich operiert werden?
Chayennes Augen wanderten an ihrem Arm entlang. Ihr Handgelenk steckte in einer metallenen Klammer mit einer Art Riegel und Schrauben. Sie drehte den Kopf. Auf der anderen Seite das Gleiche. Mit Mühe hob sie den Kopf. Sie sah ihre Fußgelenke in ähnlichen Halterungen stecken. Als sie mit aller Kraft zog, spürte sie das harte, kalte Metall.
Ich bin auf dem Tisch festgemacht.
Zuerst war Chayenne nur verwundert. Warum hatte man sie auf diesem Tisch festgemacht?
Was immer sie gepiekst hatte, es machte sie sehr schnell wach – hellwach.
Ihr wurde klar, dass es nicht gut war, dass sie auf dem Tisch festgemacht hatte. Sie war mit ausgebreiteten Armen und Beinen auf die Tischplatte geschraubt.
Chayenne blickte sich gehetzt um.
Ich bin in einem Verlies! Ich in einem tiefen Keller eingesperrt und auf eine Tischplatte geschraubt! Wo bin ich?
Sie kannte die Antwort. Ihr Verstand weigerte sich, die Wahrheit zu erkennen. Doch es hatte keinen Sinn. Chayenne wusste, wo sie wahr: An dem Ort, den sie am meisten auf der Welt fürchtete. Er war hinter ihr her gewesen. Einmal. Zweimal. Dreimal. Und nun hatte er sie bekommen. Sie war in seinem Loch. Sie war in seinem unterirdischen Reich. Ihr Herz schlug wild. Chayenne hatte Angst, schreckliche Angst.
Sie hörte Schritte näher kommen, leise schlurfende Schritte.
Chayennes Herz schlug zum Zerbersten.
Er kommt. Er kommt!
Ein Schatten fiel über ihren nackten Körper. Eine Gestalt beugte sich über sie. Ausdrucksvolle blaue Augen schauten auf Chayenne herab. Blondes Haar über einem Gesicht mit einem blonden Bart und einem weit ausladenden blonden Schnurrbart.
„Hallo liebe, kleine Chayenne“, sagte der Schratzl.
Chayenne glaubte, ohnmächtig zu werden. Ihr Herz schlug so heftig, dass sie das Gefühl hatte, es müsse jeden Moment aus ihrem Hals heraus hüpfen. Sie wollte etwas sagen, aber sie brachte kein Wort hervor. Wie erstarrt lag sie da. Die Verschraubungen an ihren Händen und Füßen wären nicht nötig gewesen, um sie bewegungslos zu machen. Sie war unfähig, sich zu rühren.
Der Schratzl schaute auf sie herunter. Er lächelte gütig. Das war das Fürchterlichste. Dieses freundliche, nette Lächeln. Als meinte er es gut mit ihr. Chayenne wusste es besser. Sie sah den schrecklichen Glanz in den blauen Augen. Sie sah Vorfreude und eine Art Hunger in diesen Augen. Sie musterten ihren nackten Leib wie etwas Gutes zu essen.
Chayenne öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber sie brachte keinen Ton heraus. Sie war wie gelähmt. Sie starrte in das lächelnde Gesicht, das über ihr schwebte. Der Schratzl hob den Arm und machte etwas mit einer Lampe dort oben. Helles Licht strömte von der Decke. Es war hell, aber es blendete Chayenne nicht.
Wieder lächelte der Schratzl. Wie lieb er auf den ersten Blick wirkte. Und doch war da diese Kälte in seinen Augen. Nein, entschied Chayenne, nicht Kälte. Gleichgültigkeit. Es war dem Schratzl egal, ob sie Angst hatte. Das war ihm vollkommen wurscht.
Eine Hand tätschelte ihren nackten Bauch. „Ach Chayenne. Kleine Chayenne. Hab doch keine Angst.“
Gleich wird er sagen „Ich werde dir nicht wehtun“, dachte Chayenne. Aber das ist eine Lüge.
Irgendwie wusste sie, dass der Schratzl sehr wohl vorhatte, ihr wehzutun.
„Mach dir keine Sorgen, liebe kleine Chayenne“, sprach der Schratzl. „Ja, es wird eine Weile dauern, aber alles geht vorbei, glaub mir. Wenn es vorbei ist, wirst du frei sein. Es wird dir gefallen, Chayenne.“
Chayenne wollte etwas sagen. Ein leiser Laut quoll aus ihrer Kehle empor, ein erbärmliches Piepsen.
Der Schratzl streichelte über ihren entblößten Körper. Seine Finger fühlten sich an wie warme Schnecken. Es war ekelhaft. Chayenne wollte den Fingern ausweichen, aber sie konnte nicht.
„Ja, ja“, brummerte der Schratzl beruhigend. „Reg dich nicht auf, Kleine. Ganz ruhig. Was kommen muss, das kommt. So oder so. Entspann dich.“
Entspannen? Chayenne war angespannt wie eine Bogensehne. Ihr ganzer Körper war angespannt.
Das der Schratzl so beruhigend daher redete, machte alles nur noch schlimmer.
Chayenne starrte in die gleichgültigen blauen Augen des Schratzl. Sie kannte ihn. Vielleicht war das das Allerschlimmste. Sie kannte den Schratzl.
Sie stieß einen leisen Schluchzer aus. Abgesägte linke Hände. Die Mädchen lebten noch, als ihnen die Hand abgesägt wurde. Vom Schratzl. Von dem, den sie kannte. Was würde er tun, bevor er ihr die Hand absägte? Chayenne sah die Instrumente auf dem Tischchen liegen. scharfe Instrumente. Spitze Instrumente. Schreckliche Instrumente. Operationsbesteck.
Die Worte der Uroma: „Der Schratzl verschleppt die Mädchen in sein Schratzlloch und dort tut er ihnen Unaussprechliches an!“
Unaussprechliches. Unerträgliches. Fürchterliches. Schmerzhaftes. Qualvolles.
Wieder stieß Chayenne ein leises Wimmern aus.
Sie erkannte den Schratzl. Es war der Mann, der neben Stephan Harrer und dem Leutnant wohnte. Es war Eugen Niedermeyer.

30.03.2015 13:14 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
Bianca Bianca ist weiblich
Doppel-As


Dabei seit: 10.03.2008
Beiträge: 130

Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Ich hab es geahnt dass es so kommt... ich hoffe nur, dass Stefan nicht auch noch gekidnappt wird... er wurde sicher nicht umso bat aus dem Gebüsch beobachtet...

30.03.2015 17:04 Bianca ist offline Email an Bianca senden Homepage von Bianca Beiträge von Bianca suchen Nehmen Sie Bianca in Ihre Freundesliste auf
Zaunkönig
Mitglied


Dabei seit: 12.03.2011
Beiträge: 58

Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Das habe ich mir gerade auch noch gedacht, hoffentlich wird Stephan nicht als Geisel gehalten wenn die Polizei kommt. Aber Stephan war ganz schön dumm als er die Falltür in Eugens Schuppen geschlossen hat. War doch klar, dass Eugen dass merken muss.
Hoffentlich lässt die Polizei sich nicht von dem italienisch-deutsch Zeugs veralbern und kommt bald!

30.03.2015 17:31 Zaunkönig ist offline Email an Zaunkönig senden Beiträge von Zaunkönig suchen Nehmen Sie Zaunkönig in Ihre Freundesliste auf
 
Neues Thema erstellen Antwort erstellen
Gehe zu:

Powered by Burning Board Lite 1.0.2 © 2001-2004 WoltLab GmbH