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Stefan Steinmetz
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Das Lehm(28) Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Sie liefen durch die Dunkelheit. Themas gab sich redliche Mühe, die Richtung zu halten und im schwachen Sternenlicht auf den Weg zu achten. Alle schritten sie schweigend dahin. Niemand sprach ein Wort. Die Angst schnürte ihnen die Kehle zu. Themas spürte die Furcht der kleinen Gruppe beinahe körperlich. Je länger sie unterwegs waren, desto stärker wurde das Gefühl.
Sie hatten Angst, auch nur einen Piep von sich zu geben. Das Lehm schlief – gut und schön. Aber was, wenn es aufwachte? Davor hatten sie Angst; unendliche Angst. Wenn das geschah, würde sich der feste Boden unter ihren Füßen in einen weichen, nachgiebigen Abgrund verwandeln.
Themas zählte seine Schritte, um sich abzulenken. Es nützte nichts. Obwohl sie seit Stunden unterwegs waren, kam es ihm vor, als wären sie dem Rand des Lehms um keinen Schritt näher gekommen. Der Weg war so weit, so unendlich weit. Er versuchte, sich zu erinnern, ob es wirklich so weit war bis zum Ende der Welt, in der er sein ganzes Leben verbracht hatte.
Wie lange bin ich marschiert, wenn ich zum Lehmrand lief? Wenn ich dort den besten Löwenzahn für Mutter ernten wollte?
Er rechnete in Gedanken nach. Jedes Mal war er morgens nach dem Frühstück aufgebrochen und erst am späten Nachmittag heimgekehrt. Ja doch, es dauerte Stunden, den Rand zu erreichen.
Es ist alles bestens, Themas, sprach er in Gedanken zu sich selbst. Du machst dir etwas vor. Es ist die Dunkelheit, die dich durcheinander bringt. Du siehst keine Anhaltspunkte im Gelände. Es gibt keinen Horizont. Deshalb kommt es dir vor, als …
„Achtung!“, zischte er. „Halt! Nicht weitergehen!“ Er musste sich zusammenreißen, um nicht laut zu rufen.
Die kleine Gruppe blieb stehen. Drisies Zwillingsschwester fasste nach der rechten Hand von Themas. Ihre Hand lag klein und kalt in seiner.
„Themas? Was ist?“, fragte Trischa. Ihre Stimme war zittrig vor Furcht.
Themas schlug das Herz bis zum Hals. Ihm wurde schlecht vor Angst. Sein Magen zog sich zu einem heißen, kleinen Ball zusammen. Um ein Haar hätte er das Schreckliche übersehen. Sie wären beinahe darüber gestolpert. „Dreht euch um und dann gehen wir ganz langsam zurück!“, wisperte er. „Keine schnellen Bewegungen! Tut, was ich sage!“ Er drehte sich um und führte Drisies Schwester den Weg zurück, den sie gekommen waren. Hinter sich hörte er leises Schnaufen. Man konnte es für nächtliche Windgeräusche halten, doch das war kein Wind. Die Nacht war windstill. Es wehte nicht das leiseste Lüftchen.
„Themas?“, flüsterte Trischa. „Was ist los?“
„Sei still! Weitergehen!“, gab er ebenso leise zurück. Er lauschte voller Furcht, wartete auf das Geräusch berstenden Sandes und auf das Gebrüll. „Da hinten liegt ein Horro auf der Lauer!“
„Oh Himmel!“ Trischas Stimme war ein leises Mäusefiepen.
„Einfach weitergehen“, flüsterte Themas. Ihm brach der Schweiß aus. Himmel! Sie waren so nahe!
Mit weichen Knien schlich er dahin, Schritt für Schritt weg von der tödlichen Gefahr. Noch immer vernahm er das unterdrückte Schnaufen des Sandhundes. Er vergaß, auf den Weg zu achten und geriet in dichtes Heidekraut. Neben ihm knickte Drisies Schwester mit einem leisen Wehlaut ein, als sie mit bloßem Fuß auf einen verholzten Stengel trat. Themas fing das Mädchen auf, bevor es hinfallen konnte. Er hob sie hoch und schritt aus dem Heidekrautpolster hinaus auf die freie Sandfläche. Er rechnete jeden Augenblick mit dem Angriff. Wenn der Horro über sie kam, hatten sie keine Chance. Der Sandhund brauchte kein helles Tageslicht. Er verließ sich auf sein Gehör und seine Tastorgane. Sie waren leichte Beute für das schreckliche Raubtier.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie außer Reichweite des Sandhundes waren.
„Bei den Weiten des Lehms!“, keuchte Themas, als sie in Sicherheit waren. „Ich habe das Vieh viel zu spät bemerkt. Noch zehn Schritte weiter und wir wären ihm direkt in den aufgerissenen Fang gelaufen!“ Er schnaufte heftig. Vorsichtig setzte er Drisies Schwester ab. Sie hielt sich an seiner Hand fest und weigerte sich, sie loszulassen.
„Themas?“ Die Stimme von Trischa zitterte verräterisch. „Sind wir jetzt sicher?“
„Ja“, gab er zurück. „Wir müssen den Horro weiträumig umgehen. Kommt mit!“ Sein Herzschlag beruhigte sich. Er wählte einen Weg, der sie von dem versteckt lauernden Raubtier wegführte.
„Sollen wir nicht lieber zurückgehen?“, fiepte Trischa.
„Auf keinen Fall!“, sagte er. „Wir sind fast am Ziel! Folgt mir!“
Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Themas starrte angestrengt in die Dunkelheit, um auftauchende Gefahren früh genug zu erkennen. Der Zwischenfall mit dem Sandhund hatte seine Instinkte geweckt. Er war hellwach und aufmerksam. Er hatte noch immer Angst, aber er unterdrückte sie. „Es ist nicht mehr weit. Wir sind gleich da.“ Er war froh, dass er es schaffte, das Zittern aus seiner Stimme herauszuhalten.
Die Landschaft um sie herum veränderte sich. Es gab keine Knorrenbüsche mehr und die Heidekrautpolster wurden kleiner und spärlicher. Schließlich liefen sie über eine weite Sandfläche.
„Da vorne“, sagte Themas. „Könnt ihr es sehen? Die Wiese?“
„Ja“, sagte sein Bruder. „Das ist die Grenze.“
„Die Wiese vor dem Wald gehört bereits zum Draußen. Geht einfach weiter.“
Sie gingen auf die Grasfläche zu. Themas hielt die Luft an. Wenn das Lehm erwacht war, würde es sie nun verschlingen. Sein Herz schlug hart gegen seine Rippen. Er wartete darauf, dass sich der Boden unter seinen Füßen auftat. Der Rucksack auf seinem Rücken fühlte sich plötzlich sehr schwer an. Das Gewicht würde ihn nach unten ziehen. Er zählte seine Schritte: Eins, zwei, drei … Als er bei fünfzehn ankam, stand er auf der Wiese. Nichts war geschehen. Das Lehm hatte nicht bemerkt, wie sie sich davonmachten.
Themas blies vernehmlich Luft ab. Das war alles? So leicht? Er konnte es kaum glauben. Doch sie standen mitten im Gras. Er schaute seine Freunde an. „Wir sind draußen! Wir haben es geschafft!“
Drisies Schwester zog an seiner Hand: „Der Boden macht so komisch!“
„Was? Wie?“ Themas schaute nach unten. Er sah die bloßen Füße des Mädchens im Dunkel hell schimmern. Sie standen in dunkelrotem Gras. Dort unten schien sich etwas zu bewegen.
„Themas?“, flüsterte Trischa. „Hier stimmt etwas nicht! Das ist nicht geheuer!“
Ein Gedanke blitzte in Themas´ Kopf auf. Wieder schaute er nach unten. Er sah die nackten Füße von Drisies Schwester im dunkelroten Gras stehen. Dunkelrot. Dunkelrot?!
„Weg hier! Es ist ein Trugbild!“, schrie er. „Los! Vorwärts! Das ist keine Wiese! Es ist ein vom Lehm geschaffenes Trugbild!“ Er riss das kleine Mädchen hoch und lief mit weiten Schritten los. „Beeilt euch! Rasch! Es will uns fassen!“
Trischa stieß einen schrillen Schrei aus. „Es kriecht an mir hoch!“
„Du trägst Eisen an den Knöcheln!“, bellte Themas. „Lauf einfach weiter! Es kann dich nicht festhalten! Weitergehen!“ Er schritt voran. Der Boden unter seinen Schuhen verwandelte sich in weichen Morast. Das falsche Gras war verschwunden. Er lief durch roten Matsch.
Rund um sie erwachte der Untergrund. Knarrend und blubbernd floss weicher Lehm über die Oberfläche. Er schwappte auf sie zu und floss zwischen sie und die wirkliche Wiese, die nur wenige Schritte entfernt lag.
Drisies Zwillingsschwester krallte sich wimmernd an Themas fest. Er lief weiter. Bei jedem Schritt musste er seinen Fuß mit Gewalt aus dem schmatzenden Lehm ziehen. Das Lehm versuchte, ihn festzuhalten. Doch es wagte nicht, höher als bis zu den eisernen Ketten an seinen Knöcheln zu steigen.
Er hörte Trischa und Truschka schreien und sah seinen Bruder in langen Sätzen über den Boden eilen.
Oh Himmel! Hoffentlich fällt niemand hin! Wenn einer hinfällt, ist es aus!
Themas stapfte weiter. Sein Herz hämmerte wild. In seinen Ohren rauschte das Blut. Drisies Schwester wimmerte pausenlos in seinen Armen. Der Boden unter seinen Füßen wölbte und senkte sich. Er schlug Wellen und schwappte gegen seine Beine. Wo Lehm mit dem Eisen an seinen Fußgelenken in Berührung kam, zischte es und ein brenzliger Geruch stieg auf.
Themas geriet ins Straucheln. Er stolperte.
Oh nein! Ich darf nicht fallen! Ich darf nicht …!
Er stolperte weiter, mehrere Schritte weit. Dann begriff er: Er stapfte nicht länger durch weichen, nachgiebigen Lehm. Er schritt über festen Boden. Er sah nach unten. Im fahlen Sternenlicht erkannte er Gras. Es war dunkelgrün. Diesmal war er wirklich draußen. Er stand auf dem Wiesenstreifen.
Hektisch sah er sich um. Wo waren die Anderen? Thimas erschien neben ihm: „Wir sind raus! Diesmal haben wir es wirklich gepackt!“
Trischa und Truschka stolperten auf sie zu. Sie hielten einander umfangen.
„Weiter!“, befahl Themas. Er traute der Situation nicht. Als er einen Blick hinter sich warf, sah er, die das Lehm tobte. Es schlug Wellen, die wild gegen die Wiese anbrandeten. Wer konnte sagen, ob nicht eine solche Welle bis zu ihnen hin schwappen konnte?
Sie liefen weiter, bis sie am Waldrand ankamen. Dort machten sie Halt.
„Hier sind wir in Sicherheit“, verkündete Themas. Er setzte Drisies Schwester ab und umarmte Trischa: „Alles ist gut, Trischa. Wir sind entkommen. Das Lehm kann uns nichts mehr antun.“
„Ich will weg!“, wimmerte Trischa. „Ich will weg! Themas, bring mich weg!“ Das Mädchen war außer sich vor Angst. Hinter ihnen schmatzte und brodelte das Lehm.
Themas sah ein, dass er Trischa beruhigen musste. Er führte sie zwischen die Bäume.
Trischa schüttelte den Kopf. „Nein, Themas! Weitergehen! Weg! Weg vom Lehm!“
„Wir sind in Sicherheit“, sagte er. „Trischa, bitte beruhige dich.“
Sie hing zitternd an ihm. Sie klammerte sich an ihm fest. Themas drückte sie an sich: „Es ist alles gut, Trischa. Bitte beruhige dich. Wir sind im Draußen. Das Lehm kann uns nichts mehr antun. Sieh selbst.“
Trischa drehte den Kopf. Sie schaute zum Lehm hin. Es war heller geworden. Der neue Tag war nicht mehr fern. Im fahlen Frühlicht konnte man sehen, wie Lehmwellen gegen die Wiese schwappten. Lehm versuchte, in die Wiese hinein zu kriechen. Weit kamen die lehmigen Auswüchse nicht. Nach wenigen Handspannen zogen sie sich zurück.
„Es hätte uns beinahe geholt!“, wisperte Trischa. „Himmel! Es hat versucht, uns zurückzuziehen! Mitten in sich hinein!“
„Ja, hat es“, sagte Themas. „Aber da war es zu spät. Wir konnten entkommen. Es ist nicht früh genug auf uns aufmerksam geworden.“
„Ich dachte, das Lehm schläft bei Neumond“, sagte Truschka. „Zumindest abseits der – wie sagt ihr? - Dammstraße?“
Themas schaute Trischas Zwillingsschwester an. Im Licht des erwachenden Tages erkannte er die geradezu bestürzende Ähnlichkeit mit seiner Freundin Trischa. „Es wurde aufgeweckt. Erstens haben wir ziemlich lange bis zum Rand gebraucht und der Tag zieht auf. Tagsüber ist das Lehm wach. Zweitens will mir scheinen, hat jemand nachgeholfen. Jemand hat Alarm geschlagen. Ich frage mich, ob die Lehmpriester vielleicht Möglichkeiten haben, mit dem Lehm in direkten Kontakt zu treten.“
„Grutie Umpfbeetl war es nicht“, sagte Thimas.
„Nein“, gab Themas seinem Zwilling recht. „Grutie war es auf keinen Fall. Vielleicht war es Nelder Borkruther, unser gläubiger Dorfpriester.“ Er schüttelte den Kopf: „Ich Rindvieh! Ich bin schuld daran, dass man unsere Flucht so früh entdeckt hat!“
Trischa sah ihn an: „Du? Wieso denn? Du hast nichts getan, Themas.“
„Das ist ja das Schlimme“, brummte er. „Ich hätte etwas tun sollen. Nämlich die Tür zu Honicks Kerker schließen und absperren. Ich habe die Gittertür sperrangelweit offen stehen lassen, ich Hornochse! Weil ich es eilig hatte. Jemand hat das bemerkt und Alarm geschlagen.“
Er schaute Drisies Zwillingsschwester an. Das Mädchen stand wie ein Häufchen Elend da. „Dich trifft keine Schuld.“ Er strich ihr übers Haar. „Ich bin der Trottel. Egal, wir müssen fort und zwar schleunigst. Aber bevor wir abhauen, müssen wir sterben.“
Trischa blickte ihn fragend an: „Was?“
Themas zupfte an ihrer Weste: „Sterben, Trischa. Wir müssen unsere Klamotten ins Lehm werfen, damit die Leutchen in Lehmborn denken, wir wurden vom Lehm erwischt.“ Er holte den Rucksack vom Rücken und stellte ihn vor sich: „Hier drin sind die Ersatzkleider. Und das Hemd, das mir zu klein geworden ist. Wenn dieses Hemd an die Dammstraße geschwemmt wird, wird meine Mutter wissen, dass alles gut gegangen ist.“
Er wandte sich an Thimas, Truschka und das Honickmädchen: „Zieht eure Lumpen aus und anständige Sachen an. Auch Schuhe.“ Er schaute Drisies Schwester an: „Was machen wir mit dir? Es ist notwendig, dass deine Lumpenkleider im Lehm landen, aber du kannst ja schlecht nackt herumlaufen.“ Er rieb seine Unterarme: „Es ist kalt hier draußen.“
„Sie kann die Weste haben, die du für mich eingepackt hast“, sagte Trischa. Sie sah zu, wie das kleine Mädchen sich seiner Lumpenbekleidung entledigte. Inzwischen war es heller geworden. „Ich gebe ihr eins meiner Unterkleidchen. Das kann man mit Bändseln anpassen und festbinden. Damit sie nicht untenrum blank gehen muss.“
„In Rodental besorgen wir neue Kleider“, versprach Themas. Er holte die Kleidungsstücke aus seinem Rucksack und verteilte sie. Nach ein paar Minuten standen sie neu eingekleidet zwischen den Bäumen.
Themas hob den Kleiderballen vom Boden auf: „Das muss ins Lehm.“
„Themas?“ Trischas Stimme war hoch und zittrig. „Muss das sein? Bitte, ich will nicht da hin zurück!“ Sie zeigte über die Wiese. Am Rand des Grases lag das Lehm in trügerischer Stille. Nichts bewegte sich mehr. Nichts schwappte und gluckste. Man konnte meinen, das Lehm schliefe. Themas wusste es besser. „Ich kann da nicht hin!“, wimmerte Trischa.
„Geht klar“, sagte Themas. Er bemühte sich, kühl und gefasst zu klingen, obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug, wenn er nur daran dachte, die Kleider über die Wiese zu tragen und dem Lehm gefährlich nahe zu kommen.
Trischa klammerte sich an ihn: „Nicht! Bleib da, Themas! Geh nicht dorthin! Es wird sich auf dich werfen und dich in sich hinein ziehen.“
„Ich passe auf“, versprach er.
„Das ist es nicht wert“, rief Trischa. „Lass doch die dummen Kleider! Es ist zu gefährlich! Geh nicht!“
„Trischa, es ist zu unserem Schutz. Wenn die Suchmannschaft unsere angeschwemmten Kleider an der Dammstraße findet, denken sie, das Lehm hätte uns erwischt und sie lassen uns in Ruhe. Dann geht keiner hinaus und durchkämmt die Straßen von Landsweiler.
Denk auch an unsere Familien. Wenn meine Mutter erfährt, dass mein helles Hemd angeschwemmt wurde, wird sie wissen, dass wir gerettet sind. Sie wird es deinen Eltern sagen. Ich muss die Kleider ins Lehm werfen.“
„Nein! Nein!“, schrie Trischa. „Geh nicht, Themas! Ich … ich könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas passiert. Ich habe dich doch so lieb!“ Schluchzend drängte sie sich an ihn.
„Ich mache es!“ Thimas hob den Kleiderknäuel auf, den Themas fallen gelassen hatte. Er hatte das Kinn grimmig vorgeschoben. „Ich tue es mit dem allergrößten Vergnügen. Das Lehm soll sehen, dass es mich nicht bekommt. Alles was es bekommt, sind ein paar Kleiderfetzen!“
„Ich auch!“ Truschka erschien neben Thimas. Sie raffte Kleider zusammen und drückte sie gegen ihre Brust. „Komm Thimas! Gehen wir!“ Ihre Augen hatten einen Glanz bekommen. „Wir gehen es ärgern. Es wir wütend werden.“ Sie grinste boshaft. „Aber es wird die Kleider brav zur Dammstraße bringen und anschwemmen, weil es viel zu eingebildet ist. Es kann nicht anders. Es wird den Menschen im Lehm vorlügen, es hätte uns erwischt.“
Gemeinsam gingen Thimas und Truschka über die Wiese. In respektvollem Abstand blieben sie stehen. Kleidungsstück für Kleidungsstück wickelten sie zu Bällen zusammen und warfen sie in hohem Bogen ins Lehm. Die Kleider flatterten durch die Morgenluft. Sie landeten im Sand, nicht weit vom Rand der Wiese entfernt.
Schon als das erste Kleidungsstück das Lehm traf, erwachte es erneut zum Leben. Der Boden erzitterte. Der Sand wölbte sich auf. Zischend und brodelnd öffneten sich Löcher, nur um gleich wieder zu verschwinden. Wellen aus Sand und nassem Lehm schwappten umher. Im Umkreis von hundert Metern zappelte und wand sich die Oberfläche des Lehms. Es gluckste und schmatzte. Von weiter draußen kam ein tiefer grollender Ton aus sumpfigen Untiefen. Es klang wie ein riesenhafter Horro.
Das Lehm tobte in sinnloser Wut. Es riss die Kleider weit hinaus in die offene Sandfläche.
Thimas hob die Faust gegen das Lehm: „Ja, hol sie dir! Friss sie und ersticke daran, du Mörderland! Du Kindermörderland! Mehr bekommst du nicht von uns! Uns bekommst du nicht! Du machst uns keine Todesangst mehr!“
Truschka fing an zu lachen. „Ja, reg dich nur schön auf! Tobe und schäume vor Wut! Du widerliches Land! Du Kinder-zu-Tode-ängstigendes Mordland!“ Sie lachte und lachte. Sie konnte gar nicht mehr aufhören. Bis aus dem Lachen ein lautes Schluchzen wurde.
Thimas hielt sie umarmt und ließ sie weinen. Er hielt sie fest und gab ihr Halt.
Es dauerte lange, bis Trischas Schwester sich beruhigte. „Lass uns gehen“, sagte Thimas. Er führte Truschka über die Wiese zu den Anderen. „Wir sind hier fertig. Gehen wir!“

01.09.2017 14:02 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
 
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