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Stefan Steinmetz
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Dabei seit: 10.02.2006
Beiträge: 1732

Der Elfenmacher(47) Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Das Telefon im Flur klingelte. Franziska Lange erhob sich aus dem Fernsehsessel. Sie hatte sich hinsetzen müssen, weil ihre Beine schwer waren. Sie hatte an Chayennes zehntem Geburtstag teilgenommen und war am frühen Abend zu Fuß nach Hause gegangen. Der Trubel war ihr zu viel geworden. Schließlich war sie nicht mehr die Jüngste.
Wenn sie ehrlich mit sich selbst gewesen wäre, hätte sie zugeben müssen, dass die Sache mit den Rosen so tief in ihren alten Knochen steckte, dass ihr auf Tage die Lust an allem vergangen war. Dass wieder mal die abgehackte Hand eines Kowak-Mädchens mit der Post gekommen war, das war schlimm, aber noch viel schlimmer war, dass ein grausamer Unmensch all ihre wunderschönen Rosen, in die sie soviel Arbeit gesteckt hatte, abgerissen hatte. Wer immer es war, der Unhold hatte ganze Arbeit geleistet. Nicht nur die Blüten waren weg. Alle Rosenstöcke waren in Fetzen gerissen. Richtig zerhackt! Es würde Jahre dauern, sie wieder zu alter Schönheit aufzuziehen – falls dies denn möglich war.
Nein, nach Feiern war Franziska Lange nicht gewesen. Das war der Hauptgrund, warum sie bereits vor dem gemeinsamen Abendessen von der Geburtstagsfeier geflohen war. Sie wollte zuhause in Ruhe ihre Wunden lecken. Auf der Feier hatte sich nämlich so gar keiner wirklich für das entsetzliche Drama interessiert, dass sich in ihrem Garten abgespielt hatte. Alle redeten nur über Siegfrieds abgebrannten Kreuzweg und wenn nicht darüber, dann über das traurige Schicksal von Tinette Sarafina und ihrer Eltern, sowie der anderen verschwundenen Mädchen. Niemand interessierte sich für Franziskas entsetzlichen Verlust.
Ach, sie waren ja alle so kalt und gefühllos! Hörten einer armen, alten Frau nicht zu, der ein grausamer Streich gespielt worden war.
„Von wegen Streich!“ murmelte Franziska, während sie zum Telefon schlurfte. „Das war ein Verbrechen!“ Aber die blöden Polizisten hatten getan, als sei es nichts als ein Dummejungenstreich. Die wollten erst gar nicht die Anzeige aufnehmen. Na, denen hatte sie was erzählt! Die sollten sich gefälligst kümmern und den perfiden Verbrecher ausfindig machen, der ihre Rosen geschändet hatte.
Das Telefon klingelte erneut.
„Ja, ja, ich komm ja schon“, brummte Franziska. Sie hob den Hörer ab: „Bei Lange.“
„Frau Lange?“ quäkte es aus dem Hörer. „Spreche ich mit Frau Franziska Lange?“
„Ja“, bestätigte Franziska.
„Oh guten Abend, liebe Frau Lange. Ich bitte vielmals um Entschuldigung, dass ich Sie störe. Ich bin vom ADT-Lieferdienst. Sie wissen doch: Wir liefern deutschlandweit Päckchen und Pakete aus.“
„Ja“, sagte Franziska.
„Es ist da was ganz und gar Unangenehmes passiert, liebe Frau Lange.“ Die Stimme des Anrufers klang aufrichtig zerknirscht. „Wir haben seit letzter Woche eine neue Zustellerin in Ihrem Bezirk in Runsach. Nun hat diese neue Mitarbeiterin einen Fehler begangen, für den ich mich aufrichtig bei Ihnen entschuldigen möchte, liebe Frau Lange.
Die neue Zustellerin hat versucht, ein Paket bei Ihnen abzuliefern. Sie war spät dran. Heute hatte es viel Arbeit. Sie hat bei Ihnen geklingelt und als Sie nicht öffneten hat sie das Paket einfach vor Ihrer Tür abgelegt. Bitte, wären Sie so gut, das Paket anzunehmen? Es liegt vor Ihrer Haustür. Wir bedauern diesen Vorfall wirklich sehr. Unsere Mitarbeiterin hätte das Paket natürlich bei Nachbarn abgeben müssen und Ihnen eine Benachrichtigung in den Briefkasten werfen sollen. Es tut uns wirklich sehr leid, Frau Lange.“
„Geklingelt?“ Franziska fuhr sich an die Stirne. „Ah ja, das war wohl vor einer halben Stunde. Da bin ich drunten in der Waschküche gewesen. Wenn man dort ist, hört man die Haustürklingel nicht. Ich geh gleich, und hol mir mein Paket. Danke, dass Sie anrufen.“
„Aber ich bitte Sie, Frau Lange. Das ist doch das Mindeste. Vielen Dank für Ihr Verständnis.“ Der Anrufer verabschiedete sich wortreich.
Franziska legte den Hörer auf. Es gab noch höfliche Menschen auf der Welt, die Verständnis für die Nöte älterer Damen hatten. Da könnten sich die Leutchen aus ihrer Verwandtschaft mal ein oder zwei Scheiben abschneiden.
Sie öffnete die Haustür. Tatsächlich, da lag ein Paket. Es war so groß wie eine Schuhschachtel. Franziska bückte sich ächzend und hob es auf. Es wog recht schwer für so ein kleines Ding. Als wären Bücher drin oder etwas ähnliches. Franziska schloss die Haustür und trug das Paket in die Küche. Sie stellte es auf dem Küchentisch ab und betrachtete die Lieferung.
Sie hatte nichts bestellt. Wieso bekam sie ein Paket? Ihr Blick fiel auf die Absenderadresse.
„Für Mutter“, stand da in großen Lettern.
„Ach!“ Franziska wurde warm ums Herz. Von den Kindern war das Paket. Was für eine Überraschung. Die ließen so selten von sich hören, seit sie Runsach geradezu fluchtartig verlassen hatten. Wie schön. Ein Päckchen von den Kindern. Augenblicklich war der Tag für Franziska gerettet.
Sie holte ihr scharfes Küchenmesser und schnitt die Klebebandstreifen auf, die das Paket zusammenhielten. Ihre Kinder hatten sich rechte Mühe gemacht, das Packerl gut zu verschließen. Wie lieb von ihnen.
Endlich waren alle Klebestreifen aufgeschnitten. Franziska öffnete das Paket. Ganz oben lag geknülltes Papier. Sie räumte es fort. Drunter fand sie Plastikfolie. Was sich wohl darunter verbarg?
Franziska hob die Folie an. Mit einem leisen saugenden Geräusch gab sie nach. Franziska konnte sehen, was in dem Paket lag. Sie konnte es sehen und sie konnte es riechen.
Ein krächzender Laut flog von ihren Lippen. Sie spürte, wie sich ihr Herz krampfartig zusammenzog. Wieder gab Franziska den krächzenden Laut von sich. Fassungslos starrte sie das geöffnete Paket an.
„Nein!“ wimmerte sie. „Oh nein!“
Der durchdringende Geruch raubte ihr den Atem. Ihr Herz begann unregelmäßig zu schlagen. Das Entsetzen schnürte ihr die Kehle zu.
„Neiiin!“ winselte Franziska. „Oh nein!“ Sie erbrach sich lautstark auf den Küchentisch und das Paket. Die Welt begann sich zu drehen. Verzweifelt versuchte Franziska, sich irgendwo festzuhalten. Sie bekam das Paket zu fassen. Sie spürte noch, wie es über die Tischkante auf sie zu rutschte, als sie nach hinten sank.
Dann wurde ihr schwarz vor Augen.

*

Stephan Harrer lief durch seinen Gewölbekeller. Auftrag ausgeführt. Aktion Erdstall erfolgreich abgeschlossen. Er griff in die Tasche seiner Hose.
„Nanu!“ Sein Mobiltelefon war weg. „Scheiße!“ Hastig durchsuchte er alle Taschen seiner Bekleidung. Nichts.
„In Brunzach hatte ich die Funke noch“, flüsterte er. „Ich habe angerufen. Was dann?“
Hatte er das Mobiltelefon etwa in der Marienkapelle liegen lassen? Bei dem Gedanken standen ihm die Haare zu Berge. Nicht gut! Gar nicht gut! Stephan, denk nach! Wo könnte das kleine Mistding sein? Denk nach!
Stephan dachte nach. Er hatte angerufen und das Telefon in die Hosentasche gesteckt. Während er durch den Erdstall gewandert war, hatte er es gelegentlich in seiner Tasche gespürt, zum Beispiel als er über die Steine gestiegen war, die kurz vor seinem Haus im Gang lagen. Da hatte er das Handy noch bei sich gehabt. Dann war er abgebogen und dort …
„Habe ich mir den Kopf gestoßen.“ Stephan nickte. „Dort muss es mir aus der Tasche gefallen sein.“ Er drehte um. Nichts wie zurück in den Geheimgang. Das Mobiltelefon brauchte er unbedingt.
Er lief zum Eingang des Erdstalls, schaltete seine Taschenlampe ein und machte sich auf den Weg. Er hatte kaum ein Dutzend Schritte gemacht, als die Taschenlampe zu flackern begann. Dann ging das Licht aus.
„Mist!“ Stephan machte noch einen Schritt im Dunkeln. Unter seinem rechten Schuh knackte es vernehmlich.
„Nein! Lass das jetzt bitte nicht wahr sein!“ fluchte er. Er hatte die Stimme gesenkt, als müsse er befürchten, dass ihn jemand hörte. Was für ein Quatsch! Er war allein im Gang.
Fluchend schüttelte er die Taschenlampe. „Geh an, du blödes Mistding!“ Stephan betätigte den Schalter der Lampe mehrmals. Plötzlich flammte das Licht auf. Er schaute nach unten und entdeckte die Bescherung.
„Ja toll! Dankeschön auch! Mal wieder die Arschkarte! Turniertrottel-Glück!“ Er war im Dunkeln auf das Mobiltelefon getreten. Man sah auf den ersten Blick, dass das kleine Telefon hin war.
„So eine verdammte Scheiße!“
Die Lampe flackerte und ging aus. Stephan stand erneut im Dunkeln.
Das darf doch nicht wahr sein!, dachte er. Himmel! Warum habe ich keine neue Taschenlampe besorgt?! Die Dinger sind strunzbillig! Jetzt steh ich wieder im Dunkeln wie ein Depp!
Er blieb still stehen. Er wollte sich nicht im Dunkeln den Kopf anstoßen. Einmal reichte ihm.
Er drückte den Schalter der Lampe mehrmals. Nichts passierte. Stephan schüttelte das vertrackte Ding. Nichts.
Gerade wollte er erneut anfangen, den Schalter zu betätigen, da sah er Lichtschein draußen im Gang.
„Was?“ Stephan schluckte. Kam da jemand? Hatte man ihn verfolgt? Oh Kacke! Das wäre aber gar nicht gut. Geistesgegenwärtig stopfte er die Taschenlampe in die Hosentasche. Er wollte nicht, das jemand den Lichtschein sah, falls es dem fiesen, kleinen Dreckding einfiel, ausgerechnet jetzt wieder anzugehen.
Vorsichtig tastete er sich vorwärts bis zu der Stelle, wo der Gang von seinem Gewölbekeller in den Gang nach Runsach mündete. Er linste um die Ecke. Da kam einer aus Richtung Runsach durch den Gang, ein Riesenkerl. Er füllte den ganzen Gang aus. Das musste ein wahrer Hüne sein. Stephan fühlte sich plötzlich sehr unwohl in seiner Haut. Da kam King Kong durch den Geheimgang getrottet. Stephan hörte ihn keuchen.
Wenn dieser Riese mich in die Finger kriegt, macht er Hackfleisch aus mir!
Der Fremde kam immer näher. Stephan sah den hin und her flackernden Schein einer Diodenlampe. Die dunkle Gestalt schob sich keuchend durch den engen Gang. Der Kerl musste fast zwei Meter groß sein.
Stephan wusste, er musste umdrehen und schleunigst in seinen Keller verschwinden. Doch er konnte nicht fort. Wie das Kaninchen die Schlange starrte er die riesige Gestalt an, die durch den Erdstall auf ihn zukam. Der Eindringling bewegte sich eilig voran. Er keuchte vernehmlich. Stephan starrte weiter in den Gang. Er konnte sich nicht vom Fleck rühren.

28.03.2015 06:13 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
Zaunkönig
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Beiträge: 58

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Machs nicht so spannend, oder schreib schnell weiter großes Grinsen
Sonst krieg ich zur Gänsehaut noch einen Herzkasper...

meint der Zaunkönig

PS: Ist doch eigentlich gut, dass Stephans Laterne ausging, sonst hätte er seinen Verfolger nie gesehen.
Doch wie kann er die Größe seines Verfolgers erkennen? Das geht doch nur wenn *hinter* dem Typ ein Licht ist, und die Taschenlampe hält man doch *vor* sich?

Dieser Beitrag wurde schon 1 mal editiert, zum letzten mal von Zaunkönig am 28.03.2015 13:50.

28.03.2015 13:45 Zaunkönig ist offline Email an Zaunkönig senden Beiträge von Zaunkönig suchen Nehmen Sie Zaunkönig in Ihre Freundesliste auf
 
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