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Stefan Steinmetz
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Dabei seit: 10.02.2006
Beiträge: 1733

Der Elfenmacher(10) Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Stephan Harrer bereitete sich auf die Nachtschicht vor. Es war mal wieder an der Zeit für „Aktion Erdstall“. Er zog die schwarzen Klamotten an, Hosen und Hemd aus dem Militaryshop. Er hatte viel dafür ausgegeben, denn er wollte keinen billigen Mist. Das Zeug musste passen, aber auch bequem sein und jede Bewegung zulassen. Im Einsatz konnte er sich keinen Schnitzer leisten. Er musste sowohl kriechen als auch klettern können. Die Militärstiefel die er trug, waren leicht und sie hatten eine weiche Sohle. Wenn er sich durch die nächtlichen Straßen bewegte, würde man seine Schritte fast nicht hören. Die dunklen Kleidungsstücke tarnten ihn zusätzlich.
Zum Schluss zog er sich eine Überfallmaske über den Kopf, die nur Löcher für seinen Mund und die Augen ließ. Er prüfte seine Werkzeug – eine winzige Diodenlampe und zig verschiedene kleine Picks und Haken, mit denen er jedes Schloss innerhalb kürzester Zeit knacken konnte. Er war ein guter Lockpicker. Dann noch das Werkzeug fürs Grobe. Es war alles da, untergebracht in Gürteltaschen. Er hatte seine Aktion bis ins kleinste Detail geplant.
„Ich bin soweit“, murmelte Stephan. „Aktion Erdstall kann losgehen.“ Er lief zu der Tür, hinter der eine Treppe in den Keller führte. Der Leutnant folgte ihm auf dem Fuß. In der Tür hielt Stephan an. Er ging auf die Knie und umarmte den Großspitz.
„Nein“, sprach er. „Herr Leutnant nehmen nicht an dieser Mission teil. Herr Leutnant wollen bitte gnädigst hier bleiben und auf das Haus achtgeben.“
Der Spitz begann zu winseln.
„Scheiße! Leutnant!“ Stephan senkte den Blick. Er starrte zu Boden. Mehrere Sekunden schwieg er. Dann stieß er einen Seufzer aus. Wieder umarmte er den Hund. „Du spürst es, was mein Freund?“ Stephans Stimme war leise und brüchig. Der Spitz winselte jetzt lauter.
„Ja“, sagte Stephan. „Ich gehe fort, um Böses zu tun. Ich werde wirklich scheußliche Dinge tun. Aber es muss sein, Leutnant. Glaub mir. Das Kowak-Pack kommt mir nicht davon. Ich habe es geschworen. Die haben es übertrieben. Wenn der Anschlag nicht gewesen wäre … Alles andere hätte ich hinnehmen können, aber nicht den Anschlag, Leutnant.“ Stephan drückte den Hund und kraulte ihn zärtlich.
„Mein Gott! Du kapierst das ja nicht einmal.“ Er streichelte den Spitz. „Sei froh, mein Freund. Sei froh! Wenn du wüsstest, was ich weiß, würdest du kotzen wie ein Gerberhund. Diese verfluchten Schweine!“ Stephan stand auf. „Ich muss los. Pass auf das Haus auf, Leutnant. Brauchst nicht auf mich zu warten. Es wird später. Es dauert jedes Mal eine gute Weile. Die Sache ist zu delikat. Ich kann es mir nicht leisten, erwischt zu werden. Dann wäre alles aus.“
Er streichelte den Spitz ein letztes Mal. Dann schloss er die Tür und stieg die Treppe hinab in den Keller. Während er durch den Gewölbekeller zum Erdstall marschierte, zog er schwarze Handschuhe an. Bloß keine Fingerabdrücke hinterlassen.
Im Erdstall bewegte er sich flott vorwärts. Wieder mal wunderte er sich, dass dieser Gang sich stark von den üblichen Erdställen unterschied. Nicht nur, dass er von seinem Haus weg bis zur nächsten Ortschaft führte; der Gang war breiter und höher als Erdställe normalerweise waren.
Hier drinnen kann ein Mann ohne Probleme einen großem Sack Kartoffeln schultern und durch den Gang tragen, überlegte er. Wer weiß, vielleicht hat man hier vor Jahr und Tag geschmuggelt. Er grinste boshaft. Und heutzutage schmuggle ich mich mitten ins Herz des räudigen Schreißdorfs, das mir so viel Ungerechtigkeiten antat. Der Rächer kommt auf dem Schmugglerpfad.
In der Marienkapelle angekommen, schloss er die Holztür hinter sich. Das war der Moment, an dem sich ihm stets die feinen Härchen im Nacken aufstellten. Die offene Tür war die Achillesferse der Aktion Erdstall. Wenn zufällig einer in die Kapelle kam und an der hölzernen Kassette in dem turmartigen Rundbogen neben dem Altar herum fummelte, konnte er die Tür entdecken. Solange sie von innen verriegelt war, bewegte sich nichts.
Die Tür war sehr dick. Sie bestand aus mehreren Lagen massiven Holzes. Stephan wusste warum. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, pochte er mit der Faust dagegen. Nichts deutete auf einen Hohlraum hinter der geschnitzten Kassette. Es klang, als wäre das Holz in die Steinwand eingelassen – nichts als reines Zierwerk.
Doch wenn man wusste, wo man drücken musste, öffnete sich die Türe. Es war jedes Mal ein Risiko.
Andererseits – wer lief denn mitten in der Nacht in eine Kapelle und fummelte an Kassettenwänden vor Steinmauern herum? Das gab es nur in Büchern und Filmen.
Während Stephan durch die Gassen Runsachs schlich, immer dicht an den Hauswänden und geduckt an Gartenzäunen entlang, dachte er an die kleine Elfe. Apollonia. Polly. Polly Braunauge. Braunauge, die kleine Elfe. Er fragte sich einmal mehr, was mit ihm los war und wieso dieses Mädchen eine solche Anziehungskraft auf ihn hatte.
Ist es meines Alters wegen?, überlegte er. Ich bin über dreißig. Im besten Mannesalter wie man so sagt. Das beste Weibesalter hingegen ist jenseits der Dreißig hin und weg. Dann beginnt die biologische Uhr zu ticken und zwar laut. Dann wird es schnell eng mit Kinderkriegen. Ist es das?
Stephan hätte gerne Kinder gehabt. Zwei sollten es wenigstens sein. Ein Junge und ein Mädchen. Gegen drei oder vier hätte er auch nichts gehabt. Das Problem: Es gab keine Frau Harrer. Es gab keine Frau in Stephans Leben, schon gar keine, die sich viele Kinder wünschte.
Ingrid hatte keine Kinder gewollt. Stephan zog eine Grimasse. War auch besser so, dass ihre Beziehung nicht zu Kindern geführt hatte. Er war froh, Ingrid los zu sein.
Das hieß aber nicht, dass er den Rest seines Lebens allein verbringen wollte. Blieb die Frage: Wo bekam er eine Frau her? Er, der schüchterne Trottel, der sich so unendlich schwer damit tat, auf Fremde zuzugehen und neue Bekanntschaften zu schließen.
Ein entzückendes Mädchen wie Polly hätte ich gerne zur Tochter. Sie hätte es gut bei mir. Ich würde ihr Reitstunden bezahlen. Ihrem Bruder würde ich eine Märklin-Modelleisenbahn kaufen. Oder er würde in einem Terrarium exotische Eidechsen halten. Oder Vogelspinnen.
Stephan grinste in sich hinein. Letzteres würde der Mama und der Schwester sicher nicht gefallen, aber er würde seinem Sohn den Rücken stärken.
Ist es das? Weckt Polly eine unbefriedigte Sehnsucht in mir? Aber warum nur sie? Ihre Freundin Dunja sieht genauso aus wie Polly. Dunja ist auch zart wie eine Elfe gebaut. Ich habe sie nicht anders angeschaut als ihr Meerschweinchen: hmmja … ganz niedlich. Ja. Und das wars! Bei Polly ist es ganz anders.
Stephan machte sich Sorgen. Er fand es nicht normal, dass ein erwachsener Mann auf diese Weise auf eine Zehnjährige reagierte.
Egal!, sagte er zu sich selbst. Weg mit diesen Gedanken! Ich brauche einen klaren Kopf. Ich bin gleich da und ich darf mir nicht den allerkleinsten Fehler leisten. Die Aktion muss glatt wie auf Schmierseife laufen. Genau wie letztes Mal und vorletztes Mal und das Mal davor.
Weg mit den nutzlosen Gedankenspielereien Herr Harrer. Jetzt braucht es den ganzen Mann.

*

Arne Ellerbrock, Runsach:
Sarah-Jane Kowak. Elf Jahre.
Es ist wieder passiert. Kaum drei Wochen nach Jacqueline Pfeifers Verschwinden.
Das Sarah Jane verschwand aus ihrem Schlafzimmer. Der Täter hat verschlossene Türen geöffnet und das Mädchen entführt, während seine Eltern im Raum auf der anderen Seite des Ganges schliefen. Das ist ungeheuerlich.
Die Polizei hat keinerlei Fingerabdrücke gefunden. Auch sonst nichts. Wer die Schlösser der Türen im Haus der Kowaks geöffnet hat, war ein Profi. Es gibt keinerlei Anzeichen für gewaltsames Eindringen. Achim Meese hat mir gesagt, sowohl an der Haustür als auch an der Tür zur Terrasse seien Sicherheitsschlösser eingebaut. Er meint, dass nur ein Profi ein solches Schloss öffnen kann, ohne Spuren zu hinterlassen.
Die Menschen in Runsach sind in heller Sorge. Der Entführer hat direkt vor ihren Augen zugeschlagen. Die Patrouille der Bürgerwehr war zum Tatzeitpunkt gerade auf der anderen Seite des Dorfes. Als sie zum Dorfplatz kamen, fiel jemandem eine bucklige Gestalt auf, die etwas über der Schulter trug. Als sie die Person anriefen, sei sie hastig geflüchtet, wobei sie hinkte. Man nahm die Verfolgung auf, aber laut Aussage der Männer, die an der Patrouille beteiligt waren, sei die Person praktisch mitten auf dem Marktplatz wie vom Erdboden verschluckt gewesen.
„Als hätte dieses Hinkebein sich in Luft aufgelöst“, hat Jens Kowak, der Großneffe von Siegfried Kowak gesagt. „Einen Moment war er noch da und eine Sekunde später war er wie vom Erdboden verschluckt.“
Wie vom Erdboden verschluckt! Das ging der alten Lieselotte Kowak natürlich runter wie Öl.
Der Schratzl wars! Und der ist in seinem Erdstall verschwunden. Das erzählt sie jedem, der es hören will und auch jedem, der es nicht hören will.
„Der Schratzl ist über uns gekommen! Er holt sich unsere Kinder, um ihnen Unaussprechliches anzutun als Strafe für die Schuld, die wir auf uns geladen haben!“ Mitten auf dem Marktplatz hat sie diese Worte hinausgeschrien. Jede Menge Leute hörten ihr zu. Der eine oder andere hat wohl darauf gewartet, dass die alte Kowak heraus posaunt, worin denn die große Schuld der Kowaks besteht. Aber so dumm ist Lieselotte nicht. Sie macht nur Andeutungen.
Es wissen eh die meisten Leute, was gemeint ist. Fast jeder aus der Kowak-Sippe hat Dreck am Stecken. Strafe hätte so mancher von denen verdient.
Aber das ist kein Grund, kleine Mädchen zu entführen und sie umzubringen.
Es war darum auch keine Überraschung, als Siegried Kowaks Neffe Herbert bekannt gab, dass er und seine Frau beschlossen haben, ihr Haus zu verkaufen und aus Runsach wegzuziehen. Herbert hat in Rentringen eine neue Arbeitsstelle gefunden. Jeden Tag pendelt er fast achtzig Kilometer hin und wieder achtzig Kilometer zurück. Herbert hat eine Mietwohnung in Rentringen gefunden. Nächste Woche ist Umzug. Dann will er versuchen, das Haus hier in Runsach zu verkaufen, um schuldenfrei zu werden und in oder um Rentringen herum ein neues Haus bauen oder kaufen.
Herbert hat gesagt, seine Familie ziehe der neuen Arbeitsstelle wegen aus Runsach fort, aber ich weiß es besser. Herbert und seine Frau Andrea sind außer sich vor Angst um ihre Tochter Lisa. Das Mädchen ist vor drei Wochen zehn geworden.
Es wird gemunkelt, dass Herbert nicht der einzige Kowak ist, der weg will. Man hört so einiges.
Ich sitze hier und fühle mich nicht gut.
Wie gerne würde ich meine kleine private Dorfchronik wie früher führen. Gab es wirklich eine Zeit, in der ich nichts anderes aufzuschreiben hatte, als dass Jörg Huber sich einen neuen Traktor gekauft hat? Oder dass Margarete Schulz sich das rechte Bein gebrochen hat, als sie im Winter auf der glatten Hintertreppe ausrutschte?
Stattdessen diese schrecklichen Ereignisse. Andere Vorkommnisse passieren dabei gewissermaßen unterhalb des Radars. Die Vespa von Lars Kowak zum Beispiel. Früher hätte sich das ganze Dorf darüber das Maul zerrissen. Hat man sie wirklich gestohlen oder hat Lars da etwas eingefädelt, um die Versicherung zu linken? Schließlich war der Roller etwas wert. Es war ein Oldtimer von 1959. Top restauriert.
Heute interessiert das kein Schwein. Alles dreht sich um Sarah Jane. Die Eltern hoffen natürlich darauf, ihre Tochter wiederzusehen. Ich denke, sie sind die einzigen. Alle anderen wissen es besser.
Jetzt beginnt das Warten auf das Paket mit dem entsetzlichen Inhalt.

16.02.2015 13:46 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
Hans_D_Bell
Gast


Jetzt beginnt das warten auf das Paket.... Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

ich hoffe wir müssen auf den nächsten Teil nicht so lange warten...

16.02.2015 20:25
Stefan Steinmetz
Administrator




Dabei seit: 10.02.2006
Beiträge: 1733

RE: Jetzt beginnt das warten auf das Paket.... Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Zitat:
Original von Hans_D_Bell
ich hoffe wir müssen auf den nächsten Teil nicht so lange warten...


"so lange"???
Ich bin froh, dass ich bis jetzt echt jeden Tag einen Teil geschafft habe. Aber mein Zwischenspeicher ist jetzt leer. Will sagen: von jetzt an muss ich jeden Teil zuerst schreiben, bevor ich ihn online stellen kann. Und als Schichtarbeiter kann man unmöglich jeden Tag einen Teil liefern, vor allem, wenn er mal länger als fünf bis sechs Seiten ist. Tut mir leid. smile

17.02.2015 00:59 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
Bianca Bianca ist weiblich
Doppel-As


Dabei seit: 10.03.2008
Beiträge: 130

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sollte Stephan nun doch der Schrazl sein? Zunge raus langsam werd ich kirre, einmal denk ich "neee der is das nicht" und dann wieder "doch der isses"

17.02.2015 09:29 Bianca ist offline Email an Bianca senden Homepage von Bianca Beiträge von Bianca suchen Nehmen Sie Bianca in Ihre Freundesliste auf
 
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