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Stefan Steinmetz
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Dabei seit: 10.02.2006
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Der Elfenmacher(21) Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Apollonia Kolbe ging in die große Pause. Kaum war sie auf dem Schulhof, sah sie das nahende Unheil. Den ganzen Morgen hatte es gebrodelt. Sie hatte geahnt, dass wieder etwas passieren würde. Es war Chayenne Kowak, das Mädchen das neu in ihre Klasse gekommen war. Anscheinend war Chayenne der Meinung, dass irgendjemand an ihrer Strafversetzung die Schuld trug. Sie hatte tagelang gesucht und nun hatte sie den angeblich Schuldigen gefunden und zwar in Gestalt von Anika Pohlmann. Anika war klein und schwach und konnte sich nicht wehren.
Chayenne hatte sich das ängstliche kleine Mädchen schon mehrere Male vorgeknöpft und sich damit die Wut von Polly zugezogen, die es nicht ausstehen konnte, wenn ein Stärkerer sich an einem Schwächeren vergriff.
Als Polly sah, wie Chayenne die arme Anika drangsalierte, brannten bei ihr die Sicherungen durch. Sie fuhr zwischen die beiden Mädchen und stieß Chayenne weg: „Hau ab, du blöde Streithenne! Lass Anika in Ruhe! Immer suchst du dir Schwächere aus, um deine miese Laune an ihnen auszulassen. Du bist feige! Zieh Leine!“
Chayenne stand für einen Moment da wie Lots Weib; zur Salzsäule erstarrt. Dann trat ein Ausdruck von Wildheit in ihre Augen. „Du hast mir gar nichts vorzuschreiben Polly Mannolly! Misch dich nicht in meine Angelegenheiten!“
„Tu ich aber!“ Polly richtete sich zu voller Größe auf. Sie war nicht bereit, auch nur einen Zentimeterbreit Boden preiszugeben. „Seit du in unserer Klasse bist, führst du dich auf wie das Allerletzte. Lass uns in Ruhe, du Stänkerkuh!“
Chayennes Angriff erfolgte ohne Vorankündigung. Beinahe hätte sie Polly überrumpelt. Doch die entsann sich blitzschnell der Lektionen, die Dunjas großer Cousin Albert ihnen erteilt hatte. Albert war fünfzehn und ein richtig fescher Kerl. Polly war ein bisschen in den großgewachsenen Jungen verknallt. Albert war im Judoverein und er hatte Dunja und Polly ein paar einfache Tricks beigebracht, wie man einen Angreifer aushebeln konnte.
Diese Lektionen wandte Polly nun an. Zwei Sekunden später fand sich Chayenne auf dem Boden des Schulhofs wieder, wohin Polly sie unsanft befördert hatte.
Nicht auslassen!, brüllte es in Pollys Kopf. Lass die bloß nicht aufstehen, sonst ergeht es dir schlecht! Drauf! Nagel sie auf den Boden!
Polly stürzte sich auf ihre Kontrahentin. Sie warf sich mit ihrem ganzen Gewicht auf Chayenne, die auf dem Rücken lag, und zwang die Oberarme des Mädchens mit den Knien auf den Boden. Chayenne drehte und wand sich wie ein Aal, um loszukommen. Polly spürte, dass sie den Kampf verlieren würde. Sie griff zum Allerletzten.
Sie versetzte ihrer Gegnerin eine schallende Ohrfeige. Dann beugte sie sich über sie.
„Dich soll der Schratzl holen!“ gellte sie. Chayenne zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb.
„Ich weiß, wie es geht!“ schrie Polly. „Meine Uroma hat es mir beigebracht. Ich werde die Beschwörungsformel aufsagen und dann kommt der Schratzl in der Nacht und nimmt dich mit! Dann kriegen deine Eltern deine abgesägte Hand mit der Post, du miese Zecke! Du bist reif! Dich holt der Schratzl!“
Polly stand auf. Chayenne lag am Boden. Sie blickte Polly aus aufgerissenen Augen an. Sie war kreidebleich geworden. Endlich rappelte sie sich auf. Polly ging sofort in Angriffsstellung.
Chayenne baute sich vor ihr auf. Ihre Augen waren schmale Schlitze. „Du … du Hexe!“ zischte sie. „Dir zeige ich es! Dich hau ich windelweich!“ Damit drehte sie ab und rauschte davon.
„Dämliche Streitliese!“ rief Polly ihr hinterher. „Gut, dass du bald wegkommst. Keiner kann dich leiden, du Stänkerziege! Keine Woche dauert es! Dann holt er dich!“
Polly blieb mitten auf dem Schulhof stehen. Sie zitterte vor Wut, aber sie schaute voller Befriedigung zu, wie ihre Kontrahentin sich geschlagen davon machte. Sie wandte sich an Anika Pohlmann: „Wenn die dumme Kuh dich nochmal anmacht, sagt es mir Ani, ja?“ Sie warf der davonziehenden Chayenne einen bösen Blick hinterher: „Dann kriegt sie es mir mir zu tun.“
Später auf dem Nachhauseweg dachte Polly an das Vorkommnis auf dem Schulhof. Blöde Chayenne! Sie war wie alle Kowaken. Sie war ein Stänkerdirndl allererster Güte, eine miese hinterhältige Ziege. Polly hasste alle Kowaks. Wie schön wäre es gewesen, wenn es diese fiesen Typen nicht gegeben hätte. Sollten sie doch alle fortziehen. Keiner würde ihnen hinterher trauern.
„Blöde Kuh!“ murmelte Polly, nachdem sie aus dem Bus gestiegen war und zu Fuß nach Hause lief. Sie war sauer auf Chayenne. Die hatte ihr die gute Laune verdorben. Es war so schönes Wetter und am Wochenende wollten sie bei Stephan grillen und mit seiner neuen Eisenbahn fahren. Dunja würde auch kommen und Selma. Polly freute sich darauf, aber der Streit mit Chayenne war ein Wermutstropfen in ihrer Freude.
Die gibt keine Ruhe, dachte sie.
Zwar hatte Chayenne diesmal nachgegeben und war abgezogen, aber Polly wusste, dass die Angelegenheit nicht ausgestanden war. Chayenne würde ein paar Blödmänner aus ihrem Clan zusammenziehen und versuchen, es Polly heimzuzahlen. Wahrscheinlich würde sie ihre zwei dämlichen Cousins für den Job anheuern – Jerome Joel und Marvin.
Polly grinste. Die Oma von den Jungs hatte es nicht so mit den neumodischen, ausländischen Namen. Sie verdrehte sie und rief immer: „Schrööm Schööl! Mahwien!“
Polly musste kichern. Schrööm Schööl und Mahwien! Wie lustig!
Leider waren die beiden Komiker ziemlich stark. Sie waren zwei Klassen höher als Polly und hatten schon richtig Muskeln.
Polly kam zuhause an. Bevor sie das Haus betrat, lief sie nach hinten und besuchte Sir Henry in seiner Schweinerei. Gedankenverloren streichelte sie ihr Meerschweinchen. Schrööm Schööl und Mahwien würden zwei furchterregende Gegner sein.
„Egal“, knurrte Polly. „Wenn sie zu zweit auf mich losgehen, trete ich ihnen in die Eier.“ Den Trick hatte sie ebenfalls von Dunjas Cousin Albert. Der war da ganz pragmatisch: „Wenn der Kampf unfair wird, ist es dein gutes Recht, dich auf unfaire Weise zu wehren. Einfach hoch das Bein und wenn der zusammenklappt, kannst du ihm noch schnell mit dem ausgestreckten Finger ins Auge pieken. Der gibt dann ganz schnell auf.“
Zwei gegen eine war unfair und wahrscheinlich würde Chayenne ebenfalls mitmischen. Das waren dann drei zu eins.
Polly kaute an ihrer Unterlippe. Leider gab es bei Mädchen diesen genialen Trick mit dem Tritt zwischen die Beine nicht. Sie würde sich was einfallen lassen müssen. Sie nahm sich vor, dafür zu sorgen, dass in der großen Pause immer mehrere Mädchen um sie herum waren. Dann würden sich die miesen Kowaken nicht trauen, sie dazwischen zu nehmen.
Sie kraulte Sir Henry im Genick. Das Meerschweinchen stieß sanft gurrende Knotterlaute aus.
„Du bist echt dick geworden“, sagte Polly zu dem Meereber. „Vielleicht muss ich es machen, wie Papa mir sagte: Dir mal ein paar Wochen nur Gras und Heu zu fressen geben und kein Kraftfutter; auch wenn die Körner dein Lieblingsfressen sind.

*

Arne Ellerbrok, Runsach:
Clara Malvine Kowak, zehn Jahre!
Es ist wieder passiert! Ich wollte schon schreiben, dass der Wahnsinnige aufgehört hat. Leider nicht. Er hat nur eine Pause eingelegt.
Bei den Kowaks kocht es. Axel Kowak, der Vater von Clara Malvine, sollte auf seine Tochter aufpassen, weil seine Frau Beate im Turnverein trainierte. Doch der gute Axel war nicht zuhause, als der Entführer kam und das Mädchen mitnahm. Axel kam erst, als bereits die Polizei vor Ort war, alarmiert von Beate, die bei ihrer Rückkehr das Haus leer vorfand. Zuerst hatte sie angenommen, dass ihr Mann zusammen mit ihre Tochter verschwunden war. Aber der Axel tauchte gegen elf putzmunter daheim auf, wo ihn die Beate entsprechend in Empfang nahm. Er war losgezogen, vielleicht um mit seinen Kumpanen im Weißen Hirsch einen zu trinken und in seiner Abwesenheit war Clara Malvine verschleppt worden. Beate hat ihm vor versammelter Dorfgemeinschaft den Kopf gewaschen.
„Wo warst du Arschloch, als der Mörder kam?“ hat sie gebrüllt. „Du dämlicher, versoffener Idiot! Du solltest auf unsere Tochter aufpassen! Ein Abend! Ein einziger Abend in der Woche! Nicht mal das bringst du fertig, du Volldepp! Jetzt ist unser Kind verschwunden! Das sag ich dir: Wenn ihr etwas passiert, lasse ich mich scheiden, du Schwachkopf!“
Das Schlimmste an der ganzen Angelegenheit ist, dass die Bürgerwehr den Entführer gesehen hat. Einstimmig sagten die Männer, die auf Streife waren, aus, dass sie eine gebückt gehende Gestalt mit einem über die Schulter gelegten Körper gesehen haben, die sich humpelnd davon machte.
„Wir haben den Kerl angerufen“, sagte Frank Kowak, der Sohn von Siegfried. „Aber der ist weiter gerannt, als wäre der Teufel hinter ihm her. Wir haben sofort die Verfolgung aufgenommen. Beinahe hätten wir ihn gekriegt. Wir waren ihm dicht auf den Fersen. Wir kamen gerade an der Marienkapelle auf dem Dorfplatz vorbei, und da löst sich der Kerl einfach in Luft auf. Von einem Moment auf den anderen war der weg. Als hätte ihn der Erdboden verschluckt. Wir haben überall gesucht, sogar in der Kapelle. Er war fort.“
Das war natürlich Wasser auf die Mühlen der alten Lieselotte. „Der Schratzl!“ keifte sie. „Der Schratzl wars! Er ist gekommen und hat uns das Liebste genommen! Der Schratzl! Der Schratzl ist über uns gekommen! Ich sags euch! So war es!“
Diesmal hat ihr keiner widersprochen. Kein einziger.
Kleiner Gag am Rande: Andre Kowak behauptet, jemand hätte seinen teuren Perserteppich geklaut. Das interessiert kein Schwein. Soll er allein versuchen, die Versicherung zu betrügen. Letztens hat er schon behauptet, einer hätte sein selbstgebautes Funkgerät gestohlen. Was für ein Käse. Das macht keiner. Wer funkt heutzutage denn noch?
Genau wie er vor einem halben Jahr behauptete, einer hätte ihm das nagelneue Gartenwerkzeug aus dem Schuppen geklaut. Das war angeblich aus einer Speziallegierung aus Kupfer und Bronze und aus Österreich und hat ein Heidengeld gekostet. Eine Rechnung hat er keine vorzeigen können. Andre ist ein Wichtigmacher, sonst nichts.

*

Stephan Harrer schlüpfte aus seiner schwarzen Verkleidung.
„Puh! Das war knapp!“ Er zog sich neue Sachen über und streichelte den Leutnant. „Diesmal musste ich rennen, was das Zeug hielt. Es stand auf Messers Schneide. Plötzlich waren die Kerls von der Bürgerwehr da und ich hatte nicht mal Zeit, in den Erdstall zu flüchten. Ich musste an der Kapelle vorbei. Ich bin raus auf die Wiesen und Felder und habe mich dort auf Nebenwegen nach Rhensach durchgeschlagen.“
Er setzte sich auf den Boden und umarmte den Spitz: „Junge, Junge! Diese Turniertrottel waren wie ein Schwarm wütender Wespen hinter mir her. Das war echt knapp. Ich habe nicht gut genug aufgepasst. Das passiert mir nicht nochmal, mein Bester. Nächstes Mal sehe ich mich vor.“
Er stieß ein zittriges, kleines Lachen aus: „Ich habe mir zu viel Zeit genommen. Ich konnte mich nicht losreißen.“ Er grinste: „Gelohnt hat es sich auf alle Fälle. Ich habe bekommen, was ich wollte. Oh ja! Auch wenn ich auf eine Ersatzaktion ausweichen musste. Ist auf alle Fälle geritzt.“
Mit einem Seufzer stand Stephan auf: „Ich muss nochmal runter in den Keller.“ An der Kellertür wandte er sich dem Großspitz zu: „Nein Leutnant. Er bleibt hier oben. Passe er auf die Wohnung auf. Ich bleibe nicht lange.“

03.03.2015 15:19 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
 
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