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Stefan Steinmetz
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Der Elfenmacher(13) Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Notizbuch II/Numero IV:
Eine neue Klientin. Ein neuer Versuch. Eine neue Tat. Groß ist die Kunst der Transmutation!
Convertius Magnus, diesmal muss es gelingen!
Das neue Objekt ist stark – stark und wild. Ein richtiges Biest. Wohl an! Genau das braucht es, um die Verwandlung durchzustehen. Wildheit, Stärke, Aggression, Kampfeslust.
Als ich heute zu ihr ging, um weiter zu machen, begrüßte sie mich mit einem Schrei. Diese Wildheit!
Das Schneiden ist schwer, doch der Transformationsprozess muss lebend und wach durchlaufen werden. Vivisektion. So verlangt es der Text des Convertius Magnus. Unter Betäubung würde es nicht funktionieren.
In ihre Augen zu schauen, wenn sie verstehen, was mit ihnen geschieht! Jedes Mal aufs Neue ein Erlebnis. Die Wahrheit macht sie so rein. Ah! Wahrlich, ich bin ein Ästhet.
Die neue Klientin ist superb. Sie kämpft. Sie kämpft mit all ihrer Wildheit und spielt ihre Stärke voll aus, die körperliche wie die geistige. Eine Wonne, mit einem solchen Objekt zu arbeiten.
Wird es diesmal gelingen? Ich glaube mich näher an der Vollendung als je zuvor. Doch Convertius Magnus, du Großer, warum schreibst du so vage? Wieso gibst du keine Details preis? Ist es weil ein jeder, der sich an die hohe Kunst des Elfenmachens wagt, selber lernen muss, wie die Feinheiten sind? Ist es das? Oder verbirgst du dein geheimes Wissen aus Neid und Selbstsucht? Möchtest du nicht preisgeben, was du weißt? Bist du ein eifersüchtiger Bobbel? Fast kommt es mir so vor.
Hinderlich ist´s, all die kleinen und doch so wichtigen Handgriffe mühsam durch Versuch und Irrtum zu erlernen. Hätte ich einen Text, der die Operationen detailliert beschreibt, ich wäre längst weiter. Längst hätte ich Elfen erschaffen.
Es ist ein großartiges Gefühl, Elfen zu machen. Wenn das wilde Blut zu fließen beginnt, wenn es neue Wege sich sucht, dann beginnt die Verwandlung, die Umwandlung, die Transformation, die Transmutation. Hohe Kunst!
Doch gelingt es nicht, muss die Linke zurückkehren zu dem Ort, von dem sie stammt. So schreibt es Convertius Magnus.
Die Linke. Links. Der Sitz des Musischen, der Poesie, der Träume, der Fantasie, der Kunst. Sitz der Ästhetik. Es ist mir jedes Mal schwer, die Linke zurück zu bringen.
Es muss mir gelingen! Diesmal muss es gelingen!
Wir sind ganz nahe an der Vollendung. Sie spürt es. Ich kann es in ihren Augen lesen. Sie fühlt, was mit ihr geschieht. Sie wird zur Elfe.

*

„Ich will es kurz machen.“ Stephan saß Georg und Sandra Kolbe gegenüber. Sie hatten es sich auf der Terrasse gemütlich gemacht. „Polly hat mich gefragt, ob sie bei mir Putzfrau werden darf. Ich weiß, sie ist erst knapp zehn Jahre alt, aber sie hat mir erzählt, dass sie ihrer Mutter im Haushalt hilft, seit sie sechs ist.“
„Ja, tut sie“, sagte Sandra. „Aber ein bisschen helfen ist etwas anderes als ein komplettes Haus zu putzen. Das ist echte Arbeit.“
„Dessen bin ich mir bewusst“, sagte Stephan. „Ich schätze, um alles sauber zu machen, braucht sie zwei Stunden. Vielleicht sogar länger. Ich dachte, wir versuchen es erst einmal probeweise. Wenn es ihr zu viel wird, beenden wir die Sache. Ich würde ihr fünfzehn Euro die Stunde zahlen. Ich weiß, dass sie unbedingt diese Artex-Nähmaschine haben möchte. Sie will dafür arbeiten. An sich ist das ja nichts Schlechtes. In der Schule ist sie gut. Das Lernen würde gewiss nicht zu kurz kommen. Es sind ja bloß zwei bis drei Stunden pro Woche.
Ich denke, es wäre erzieherisch wertvoll. Aber selbstverständlich müsst ihr zwei das entscheiden.
Wie gesagt: Wenn Polly feststellt, dass es ihr zu viel wird, brechen wir die ganze Sache einfach ab.“
Sandra und Georg blickten einander an.
„Als ich so alt war, habe ich mir gelegentlich ein bisschen Taschengeld beim Bauern verdient“, meinte Georg. „Auf dem Hof gab es immer was zu tun – kleine Nebenarbeiten. Nichts Anstrengendes. Es hat mir nicht geschadet. Im Gegenteil, ich war mächtig stolz auf mein selbstverdientes Geld.“
Sandra lächelte: „Ich habe mein Taschengeld mit Babysitten aufgebessert. Ich habe auf die kleinen Kinder der Nachbarn aufgepasst, wenn sie abends ausgingen. Und ich habe den Hund von Herrn Haberkorn ausgeführt. Der Haberkorn war nicht mehr gut zu Fuß und der Hasso brauchte Bewegung. Ich habe ihn immer auf der Wiese hinter Aumüllers Hof rennen lassen.“
Georg nickte Stephan zu: „Also gut. Einverstanden. Machen wir den Versuch. Mal sehen, ob das Fräulein durchhält. Leicht wird es nicht, aber dein Stundenlohn ist weit über Tarif. Es kann nicht schaden, wenn sie eigenes Geld verdient.“

*

Arne Ellerbrok, Runsach:
Das Paket ist angekommen. Diesmal nicht mit der Post. Keine Adresse, kein gefälschter Absender. Es wurde vor der Haustür der Eltern abgelegt.
Sarah-Janes linke Hand.
Ich habe ihn gesehen! Ich war nachts draußen, weil ich nicht schlafen konnte. Bin spazieren gegangen, um frische Luft zu schnappen. Habe einen gesehen, der etwas bei Sarahs Eltern am Haus ablegte. Dann machte er sich davon.
Es war dunkel, eine Neumondnacht, und in der Untergasse brennt die Straßenlaterne seit drei Wochen nicht. Aber ich möchte schwören, dass ich gesehen habe, dass der Kerl einen ausladenden Schnurrbart hatte und einen Kinnbart. Er ging gebückt und hinkte leicht.
Wenn Lieselotte Kowak das zu hören bekäme, würde sie gleich wieder mit dem Schratzl anfangen. Nein. Das war ein Mann. Ein Perverser. Ein gestörter Triebtäter.
Ich folgte dem Mann, aber er war erstaunlich flink. Ich verlor ihn zweimal aus den Augen. Ich sah ihn noch einmal auf dem Dorfplatz in der Nähe der Marienkapelle. Danach war er wie vom Erdboden verschwunden. Ich habe die Bürgerwehr per Handy verständigt. Wir haben gemeinsam alles rund um den Dorfplatz abgesucht, doch wir fanden nichts.
Siegfried Kowak schätzt, dass der Kerl über die Drosselgasse nach draußen auf die Felder und Wiesen entkommen ist. Dort kann er sich hinter Hecken und Büschen tarnen.
Verfluchter Mörder! Wie lange wird es dauern, bis er ein neues Opfer auswählt?
Die Angst geht um in Runsach. Es gibt nicht wenige, die davon reden, wegzuziehen. Jedenfalls die Familien, die zehnjährige Töchter haben.

*

Notizbuch II/Numero X:
Es ist misslungen. Barmherziger Gott! Ich war so nahe dran diesmal. Und doch ging es daneben. So weit war ich gekommen und doch gelang es nicht.
Ich könnte weinen. So weit gekommen! So weit!
Warum nur ist Convertius Magnus so vage in seinen Beschreibungen?
Ich musste zurückbringen, was zurück gehörte. Diesmal nicht mit der Post. Nein! Ich habe die Gabe persönlich überbracht. Das war ich der Elfe schuldig. Fast wäre sie gewesen. So nahe! Aber als es an die Membranen ging, schlug alles fehl. Mir fehlen die wichtigsten Informationen, um meine Arbeit richtig machen zu können.
Nun sitze ich hier und bin zutiefst niedergeschlagen. Was soll ich tun? Immer weiter machen? Es aufs Neue versuchen? Mir bleibt keine andere Wahl. Aber es ist frustrierend. So unendlich frustrierend. Auch für meine Klientinnen. Sie müssen den schmerzvollen Transformationsprozess durchmachen. Sie spüren, was mit ihnen geschieht. Sie fühlen die Verwandlung.
Und dann ist am Ende alles umsonst. Hat ihre Stärke letztendlich doch nicht ausgereicht. Trotzdem ich für die Elfenmacherei nur starke Exemplare auswähle.
Soll ich aufgeben?
Nein!
Ich bin viel zu nahe an der Vollendung. Mir bleibt keine andere Wahl. Ich muss weitermachen.
Nächstens werde ich ein neues Objekt auswählen. Ich werde sehr genau sein bei der Auswahl.

20.02.2015 07:26 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
 
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