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Stefan Steinmetz
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Dabei seit: 10.02.2006
Beiträge: 1737

Der Elfenmacher(22) Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Notizbuch II/Numero XIV:
Ein Fehler in der Reihenfolge! Ich konnte das auserwählte Objekt nicht bekommen und musste auf das nächstfolgende auf meiner Liste ausweichen. Das war ärgerlich genug. Als hätte das nicht gereicht, hat die Bürgerwehr anscheinend ihren Wachplan geändert. Vielleicht wurde sie aber auch alarmiert, als ich Objekt Numero Eins nicht einfangen konnte.
Jedenfalls musste ich Fersengeld geben. Ich schaffte es gerade so zu entkommen.
Ein solcher Fehler darf mir nicht mehr unterlaufen. Ich bin nachlässig geworden. Es war zu leicht für mich, die Objekte zu erlangen. Vor der nächsten Aktion muss ich die Wachablösungen und die Streifenwege der Bürgerwehr mehrere Nächte lang beobachten. Einen weiteren Fehler kann ich mir nicht leisten. Ich darf auf keinen Fall gestellt werden. Dazu ist die Angelegenheit zu delikat.
Mit der neuen Klientin geht es voran. Ich habe einen neuartigen Knebel entwickelt. Er unterdrückt das Geschrei der Probandinnen hervorragend, aber er führt nicht zur Erstickung, wenn die Nase der Klientin durch heftiges Weinen verstopft. Das im Knebel eingebaute Ventil erlaubt dann das Einatmen durch den Mund. Der Knebel ist hochwirksam. Das Schreien der Klientinnen war mir immer unangenehm. Nun kann ich sie stumm machen, wenn ich das will.
Die Neue kämpft. Sie ist stark und aggressiv. Wie ihre Vorgängerinnen wehrt sie sich vehement gegen den Umwandlungsprozess, aber es muss nun einmal sein.
Welch ein erhebendes Gefühl, ihnen in die Augen zu schauen, wenn sie verstehen, was mit ihnen geschieht! Inzwischen bin ich ein Meister der Vivisektion. Ich komme gut voran. Besser als bei den Vorgängerinnen.
Die Membranen sinds, die mir die Arbeit schwer machen. Ach, Convertius Magnus, warum drückst du dich gerade bei den Membranen so undeutlich aus? Jedes einzelne Detail muss ich mir mühevoll erarbeiten. Es könnte so einfach sein, wenn du nicht ein solch verschlossener Kollege wärst.
Vier Tage sind es bis heute. Diesmal werde ich es vielleicht schaffen.

*

Arne Ellerbrok, Runsach:
Ein Päckchen kam an. Es wurde im Turnverein deponiert und war an Beate Kowak addressiert. Drinnen lag eine DVD mit einem abendfüllenden Spielfilm der besonderen Art. Die Aufnahmen zeigen Beates Mann Axel, der auf seine Tochter aufpassen sollte. Stattdessen vergnügt er sich mit seinem Großcousin Thorsten Kowak auf der Turnmatte! Wilde Männerliebe in gestochen scharfen Bildern. Die beiden Hengste haben es im Aufenthaltsraum der alten Feuerwache getrieben. Die Feuerwache ist seit drei Jahren nicht mehr besetzt, seit sie den amtlichen Bestimmungen nicht mehr entspricht. Man hat ja die neue in der Gründergasse gebaut.
Jedenfalls sieht man die zwei Kerls bei der Männerpaarung. Alles mit Ton und gestochen scharf.
Beate hat Axel aus dem Haus geworfen und die Scheidung eingereicht. Einen Tag später lief Axel mit einem blauen Augen und weiteren Blessuren durchs Dorf. Die liebe Verwandtschaft hat ihn sich wohl vorgeknöpft.
Im Weißen Hirsch war Generalversammlung der Bürgerwehr. Es sollen ab jetzt zwei Streifen in der Nacht patrouillieren. Auch die Achener Polizei hat zugesagt, zusätzliche Streifenfahrzeuge zu entsenden. Reichlich spät, wie ich meine.
Andre Kowak lamentiert noch immer über seinen gestohlenen Teppich. Die Versicherung zahlt nicht, weil der Teppich nicht versichert war. Ein alter Lumpen soll es gewesen sein, behauptet einer von den Schulzes, der nebenan wohnt. Andre besteht darauf, dass es ein echter Perser gewesen sei. Warum hat er ihn dann nicht versichert? Mit Versicherungsbetrug haben es die Kowaken doch dicke.
Allerdings nimmt die Intelligenz der nachwachsenden Kowak-Generationen ab. Früher waren die Kowaken von bösartiger Schläue, aber wie ich schon einmal schrieb, hat der hohe Inzuchtfaktor die jüngeren Generationen in eher blödsinnige, aggressive Vandalen verwandelt. Sie sind noch genauso gemein wie die alten Kowaken, aber nur noch halb so intelligent. Einem wie Siegfried Kowak wäre so etwas wie das mit dem Teppich nicht passiert. Der hätte den versichert und würde nun abkassieren.
Die nachwachsenden Kowaken tun sich hingegen mit Ladendiebstahl hervor oder mit dem Aufbrechen von Automaten. Das weiß ich von Achim Meese. Denen traue ich zu, dass sie die eigenen Leute beklauen, bloß weil ihnen langweilig ist.
Der alte Siegfried war da um Nummern größer. Der hat beim Verschieben von gestohlenen Autos mitgemacht und keiner konnte ihm deswegen am Zeug flicken.
Man konnte ihm ja auch nie nachweisen, dass er die Finger im Spiel hatte, als damals die Lederwarenfabrik der Kowaks vollkommen ausbrannte. Interessanterweise hatten die Kowaken gerade mal ein halbes Jahr vorher die Versicherungssumme ordentlich erhöht. Die haben das getrickst und dann abkassiert.
Sauber ist kaum einer von den Kowaks.
Das fängt schon in der Schule an und setzt sich in der Jugend fort, um im Erwachsenenalter bei vielen von denen in echter Kriminalität zu enden.
Man denke nur an die Landraff-Kampagne vor einigen Jahren. Es wird gemunkelt, dass man hier und da zu Erpressung griff, wenn einer sein Land nicht freiwillig hergeben wollte. Die Huber-Schulz-Connection hielt sich die Weste sauber, aber von den Kowaks mussten etliche ihre Weste in die Reinigung tragen, möchte ich mal sagen.
Sie haben sich viele Feinde gemacht, seit sie nach dem Zweiten Weltkrieg Runsach überrannten wie ein Heuschreckenschwarm. Muss man deshalb aber gleich Kinder umbringen? Wer hat einen solchen Hass auf die Kowaks, dass er zu solch drastischen Mitteln greift?
Die Atmosphäre im Dorf ist vergiftet. Es schlägt einem aufs Gemüt. Ich habe mit Judith gesprochen, ob wir vielleicht wegziehen sollen. Sie hat mich lange angeschaut und dann gesagt: „Arne, genau das Selbe wollte ich dich auch dieser Tage fragen.“
Wir wollen demnächst mit Leoni darüber reden.

*

Es war Samstagnachmittag. Kolbes waren mit Polly und deren Freundin Dunja gekommen, um die Einweihung von Stephan Harrers Feldbahn zu feiern. Eugen Niedermeyer war ebenfalls da. Kurz nach zwei kamen Dominik und Pia Rödel mit ihrem Sohn Andreas.
Polly war geknickt. Sie hatte mit Selma gerechnet.
„Aber Selma ist doch die Tochter von Matthias und Astrid“, sagte Stephan. „Tut mir Leid, Pollydor. Die Baumanns kommen nicht. Ausgerechnet heute Nachmittag zeigt ihnen ein Makler ein paar Häuser. Sie müssen nämlich bald raus aus ihrer Mietwohnung. Der Hausbesitzer ist verstorben und die Erben haben Eigenbedarf angemeldet. Jetzt suchen Baumanns dringend ein Haus, in das man gleich einziehen kann, ohne lange zu renovieren. Die wollen nämlich nicht noch zwischendurch in eine andere Mietwohnung ziehen.“
Polly zog einen Flunsch: „Und ich habe mich so auf Selma gefreut.“
„Beim nächsten Mal ist sie bestimmt da“, tröstete Stephan. „Spielt doch mit Matthias, ihr beiden.“ Er zeigte auf Dunja, die neben Polly stand.
„Erst Eisenbahnfahren!“
Stephan verbeugte sich theatralisch: „Aber selbstverständlich, holde Elfenprinzessin.“
„Hast du eigentlich schon was nach den Fotos von mir gezeichnet?“ wollte Polly wissen.
„Erst Eisenbahnfahren!“ sagte Stephan.
Dominik Rödel begann einen monotonen Singsang: „Wir fahrn, fahrn, fahrn mit der Eisenbahn. Vor uns liegt ein weites Tal. Die Sonne leuchtet mit Glitzerstrahl.“
Pia gab ihm einen Schubs: „Das hast du geklaut. Die Gruppe heißt Kraftpaket.“
Ringsum brandete Gelächter auf.
Pia schaute verdutzt: „Leute, ich glaube ihr seid unruhig. Ihr seid viel zu verkrampft.“
Das Lachen wurde lauter.
„Es heißt Kraftwerk“, berichtigte Dominik seine Göttergattin. „Du hast dich versprechert, nein verspruchen, oh … ähm … nein, verredet.“ Er seufzte: „Ach. Ich bin heute unruhig. Ich bin viel zu verkrampft.“
Wieder lachten alle. Dann gings zum Eisenbahnfahren. Stephan hatte eines jener billigen Plastikzelte am Ende des Schienenstrangs aufgebaut, in denen man bei regnerischem Wetter Partys feiern konnte. Er öffnete den Reißverschluss. Drinnen standen zwei offene, grünlackierte Personenwaggons mit Bänken aus rotem Kunstleder. Vornedran stand die Akkulok.
Polly schaute verdutzt: „Das ist die Lokomotive? Die sieht ja gar nicht richtig lokomotivisch aus.“ Die kleine Akkulok war nichts weiter als ein dicker Kasten auf vier Rädern. An einem Ende befand sich quer zur Fahrtrichtung ein Sitz mit einigen Bedienelementen davor.
Stephan lächelte entschuldigend: „Ich weiß, viel macht sie nicht daher. Als nächstes schaffe ich eine Diesellok an. Die hat dann einen richtigen geschlossenen Führerstand. Die Akkuliese ist nur für den Anfang gedacht.“
Er wandte sich an die Umstehenden: „Alles einsteigen bitte.“
Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Kinder und Erwachsene enterten die beiden Waggons. Als alle saßen, fuhr Stephan los. Die Akkulok setzte sich mit jaulendem Motor in Bewegung. Sie fuhren aus dem Zelt heraus in den Schienenkreis hinein, der rund um Stephans Grundstück lief. Stephan drehte drei Runden, dann übernahm Dominik die Lokomotive. Später durften Polly und Dunja mal die Lok bedienen und ganz zum Schluss drehte Andreas eine Runde. Er war mächtig stolz, Lokomotivführer spielen zu dürfen.
„Jetzt grillen wir aber“, verlangte Stephan. „Die Holzkohle im Grill ist soweit.“ Er holte den Spieß mit den drei Hähnchen und steckte ihn in den Grill. Die Grillvögel waren bereits gewürzt und gefüllt. „Eineinhalb Stunden und der Schmaus kann beginnen“, sagte Stephan. „Wer vorher Hunger hat: Der Bienerich hat eine Schüssel seines unnachahmlichen Meeresfrüchtesalats gemacht und natürlich gibt es schmackhaften Pollysandrasalat. Die Hühner stammen aus dem Supermarkt. Bald werde ich eigene Federviecher haben. Ich muss nur noch die Rasse auswählen.“
„Ich dachte, du wolltest Nazihühner züchten“, sagte Pia.
„Reichshühner“, berichtigte Stephan. „Polly? Holst du mal mein Hühnerbuch? Es steht im Regal im Wohnzimmer ganz rechts in der zweiten Etage.“
„Ja.“ Schon sauste Polly los. Der Leutnant selbstverständlich hinterdrein.
„Was für ein nettes, sanftes Mädchen“, meinte Eugen Niedermeyer. „Gehorcht und ist so lieb.“
„Die kann auch anders“, sagte Sandra. „Aber stimmt. Meistens ist sie nett.“ Sie schlug ihrem Mann auf den Oberschenkel: „Von wem sie das wohl hat?“
„Von ihrem Meerschweinchen“, sagte Georg prompt. Alles lachte.
„Der Stephan hat mir letztens mit einem Huhn das Leben gerettet“, sagte Eugen. „Ich hatte mir eine Sommererkältung eingefangen und kein Suppenhuhn im Haus. Dabei ist eine kräftige Hühnerbrühe das Beste bei Erkältung.“
„Sommererkältung, uh!“ meinte Sandra. „Das sind die schlimmsten. Vor zwei Jahren hatte ich eine. Ich lag vier Tage lang flach.“
„So schlimm war es bei mir nicht“, meinte Niedermeyer. „Aber ans Arbeiten war nicht zu denken. Wenn ich eine Alarmanlage plane, brauche ich einen absolut klaren Kopf.“
Polly brachte das Hühnerbuch: „Wo hast du die Zeichnungen? Ich will sie angucken.“
„Basteltisch, linke Schublade“, sagte Stephan.
„Ich hole sie.“ Schon stürzte Polly davon.
„Hat die eine Energie“, wunderte sich Eugen.
Georg winkte ab: „Die ist bloß unruhig. Viel zu verkrampft.“ Er schaute mit Stephan das Hühnerbuch durch.
„Das sind sie. Deutsche Reichshühner“, sagte Stephan. „Eine alte Landrasse. Zweinutzungsrasse. Gute Eierleger und gute Fleischlieferanten. Die werde ich mir wahrscheinlich anschaffen.“
Polly kam zurück. Sie breitete einige Blätter auf dem Tisch aus. Es waren vier Zeichnungen von Polly. Drei zeigten sie als Elfe in der Heide vorm Waldrand und auf einer war sie als Zigeunerin abgebildet. Eine der Elfenzeichnungen war mit roter Mohntinte und Feder gezeichnet, die anderen mit Bleistift.
„Das ist ja allerliebst“, sagte Eugen Niedermeyer. Er wirkte schwer beeindruckt.
„Ich finde sie nicht so doll“, sagte Stephan. „Ich muss noch viel üben, bis ich wirklich passabel zeichnen kann. Ohne Vorlage geht überhaupt nichts.“
„Kannst du mir Kopien von den Bildern machen?“ fragte Polly. „Mit dem Scanner an deinem Computer?“
„Geht klar“, versprach Stephan.
Dunja und Polly zogen mit Matthias davon, den Leutnant im Schlepptau. Die Mädchen wollten dem Jungen Pollys Schweinerei zeigen.
Eugen Niedermeyer kratzte sich am Hals. Dort hatte er eine gerötete Stelle: „Mist! Das juckt. Ich sollte wieder mein altes Rasierwasser anschaffen. Die neue Sorte vertrage ich anscheinend nicht.“
„Mir ist es neulich genauso ergangen“, meinte Stephan mitfühlend. „Bei mir war es das Duschgel. Ich wurde unter den Armen wund.“
„Das kommt alles nur von diesen verfluchten Zusatzstoffen, die sie überall rein mischen“, sagte Sandra. „Das gehört verboten. Ich hatte mal ein Kindershampoo und Polly hat davon Ausschlag bekommen. Man stelle sich vor! Ein extra Kindershampoo und dann das! Sonst gibt es für alles gesetzliche Grenzwerte. Warum machen die Eurokraten da nichts?!“
Stephan schaufelte neue Holzkohle in den Grill: „Noch ein dreiviertel Stündchen. Mann, riecht das schon lecker!“
Die Mädchen kamen mit Matthias zurück. Der sprang an seinem Vater hoch: „Papa! Die Polly hat eine riesen Schweinerei! Und ein superdickes Meerschweinchen. Das sieht aus wie ein Seehund, so dick ist das.“
„Ja, Sir Henry wird von Tag zu Tag mehr“, lästerte Pollys Vater. „Ein Mehrschweinchen halt.“ Alles lachte.
Polly nahm ihren Vater aufs Korn: „Papa, du bist echt unruhig. Du bist viel zu verkrampft.“ Jetzt hatte sie die Lacher auf ihrer Seite.
Gerade wollten die Kinder eine neue Zugfahrt auf Stephans Feldbahn beginnen, als der Spitz anschlug. Bellend raste er ums Haus herum zur Straße. Dort ging sein Bellen in freundliches Jaulen über. Kurz darauf kamen ein paar Leute ums Haus herum. Es waren Matthias und Astrid Baumann mit ihren beiden Töchtern. Diesmal war auch die vierjährige Nadja dabei.
Polly sprang auf: „Selma! Ihr seid ja doch gekommen!“ Sie lief zu dem Mädchen und begrüßte es: „Willst du mit der Eisenbahn mitfahren? Wir drehen ein paar Runden, bevor die Hähnchen gar sind.“
„Tag allerseits“, sagte Matthias. „Hausbesichtigung ist um. Nichts gefunden.“
„Der Makler hat wohl nicht richtig zugehört am Telefon“, meinte Astrid. Sie seufzte. „Entweder, er hat uns Häuser gezeigt, die erst komplett renoviert werden müssen oder sie waren so gut wie fertig zum Einziehen, aber viel zu teuer. Wir hängen nicht voll. Das Geld wächst nicht auf den Bäumen. Wir haben eine feste Summe angegeben und die werden wir nicht überschreiten. Wir dürfen uns nicht zu hoch verschulden.“ Sie seufzte: „Das wird immer knapper. Hoffentlich müssen mir nicht doch noch in eine andere Mietwohnung ausweichen.“
„Entspannt euch erst mal“, sagte Stephan. „Das Futter ist gleich fertig. Ihr kommt gerade recht. Keine Angst, es ist genug für alle da.“ Er zog los, um noch Stühle zu holen und einen Klapptisch. Matthias begleitete ihn.
„Toll, deine Feldbahn“, meinte er.
„Nur leider arg klein“, sagte Stephan. „Schade, dass ich nicht etwas mehr Grund und Boden habe.“
„Die alte Scheune auf dem Nachbargrundstück wäre gerade recht als Lokschuppen, was meinst du?“ fragte Matthias.
Stephan nickte: „Stimmt. Aber leider gehört sie mir nicht. Pech.“
Sie stellten Tisch und Stühle auf und dann wurde das Futter aufgetischt. Alle setzten sich und mampften einträchtig.
„Dass ihr kein Haus findet, ist echt mies“, sagte Pia.
„Wir haben halt zur Bedingung gemacht, dass wir nicht aus Achen weg wollen“, sagte Astrid. „Höchstens in eins der Dörfer drumherum.“
„Wie wäre es mit Runsach?“ fragte Dominik mit hinterhältigem Grinsen. „Wie man so hört, stoßen etliche Kowaks ihre Hütten zu günstigen Preisen ab, um Leine zu ziehen.“
„Hör mir bloß auf!“ sagte Astrid. „Ich ziehe überall hin, aber auf keinen Fall nach Runsach. Hast ja erlebt, wie es dem armen Stephan dort erging. Kowaks? Nein danke! Aber Rehnsach wäre nett. Es liegt in freier Natur und trotzdem führen zwei Landstraßen nach Achen. Leider steht aber im Dorf kein Haus zum Verkauf.“
Nach dem Essen wechselten sich Dominik und Stephan auf der Akkulok ab, um die Kinder durch Wiese und Garten zu kutschieren.
„Nachher hole ich Papier und Federhalter“, sagte Polly zu Selma. „Und meine erste selber gemachte Tinte. Es ist Mohntinte. Die ist schön rot. Dann zeichnen wir damit oder wir schreiben mit altmodischen Buchstaben. Das nennt man Kalligraphie. Wenn du magst, gebe ich dir ein Gläschen Tinte mit nach Hause.“
Stephan lächelte in sich hinein. Wie leicht man Polly eine Freude machen konnte. Es brauchte keine vierhundert Euro teure Nähmaschine. Selbstgemachte Tinte tat es genauso gut.
Als der Zug zur nächsten Runde ansetzte, warf er einen sehnsüchtigen Blick auf Eugen Niedermeyers alte Scheune. Matthias hatte Recht. Das Gebäude war wie geschaffen als Lokschuppen. Man musste nur das Dach neu eindecken.
Er unterdrückte ein Seufzen. Was ihm fehlte, war nicht ein Lokschuppen. Was ihm fehlte war Land.

04.03.2015 16:33 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
 
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