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Stefan Steinmetz
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Dabei seit: 10.02.2006
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Der Elfenmacher(38) Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Arne Ellerbrok, Runsach:
Tinette Sarafina Geißler, elf Jahre. Mutter: eine geborene Kowak. Steht den „Clanführern“ bei den Kowaks nahe. Hat „etwas zu melden“ in der Kowak-Sippe.
Die Kacke ist am Dampfen. Runsach steht Kopf.
„Wie kann es sein, dass ein Mädchen aus dem Elternhaus entführt werden kann, wenn die Polizei Streife fährt und die Bürgerwehr gleich zwei Patrouillen auf Streife hat?“ fragen die Leute. Sie fragen sehr laut und sehr aufgebracht.
Bürgerwehr und Polizei schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu.
Die Polizei dürfe nicht mit dem Auto herumfahren, motzen die Kowaks. Jeder kann den Streifenwagen hören und sich verstecken, bis er vorbei ist. Streifen zu Fuß seien viel wirksamer.
Dann kam heraus, was Chayenne Kowak ausgesagt hatte, das Mädchen das der Entführer zuerst schnappen wollte. Sie hatte kurz vor dem Einbruch des Entführers eine Streife der Bürgerwehr gehört. Die hätten sich ziemlich geräuschvoll unterhalten. Sofort gab die Polente die Schlappe zurück. Wenn eine Patrouille laut redend umher streifte, konnte sich der Unhold vor denen genauso gut verstecken wie vor einem Polizeiauto.
Natürlich ist es bescheuert, laut palavernd durch die nächtlichen Straßen zu ziehen. Die Frage stellt sich trotzdem: Wie kann einer ungesehen ins Dorf und mit einem betäubten Mädchen auf dem Rücken wieder hinaus, ohne dass jemand etwas sieht oder hört? Das ist unheimlich.
Die Polizei bescheinigt dem Entführer eiskaltes Vorgehen. Anscheinend plant er alles ganz genau im Voraus und dann geht er streng nach Plan vor. Als er Chayenne Kowak nicht in ihrem Bett vorfand, ging er zu Plan B über. Er holte sich die Nächste auf seiner Liste. Auch diese Entführung muss er schon en detail geplant haben. Der Täter ist von eiskalter Perfektion; ein Ästhet des Bösen, wie Achim Meese es ausdrückt. Deshalb ist er so schwer zu fassen. Der Kerl erlaubt sich keine Fehler.
Außerdem ist er nicht auf Publicity aus. Der arbeitet im Stillen und gibt nichts von sich und seinen Untaten preis. Bis auf die abgesägten Hände. Selbst der Polizeipsychologe hat keine Erklärung für dieses Detail. Es sei wohl eine Rache an den Eltern der Mädchen, meint er. Besonders wirksam, weil man ja herausfand, dass die Mädchen noch lebten, wenn ihnen die linke Hand abgesägt wurde.
Die Achener Polizei hat Unterstützung angefordert. Zusätzliche Beamte werden nachts auf Streife gehen, sowohl im Peterwagen als auch zu Fuß.
Es gibt Leute, die ganz offen verlangen, dass man sämtliche Häuser im Dorf untersucht, um vielleicht das entführte Mädchen zu finden. Damit kommen sie natürlich nicht durch. Auch meint die Polizei, dass die Entführungsopfer aus Runsach fortgeschafft werden.
Was mir wiederum unglaubwürdig vorkommt. Jemand übt grausame Rache an den Kowaks. Es muss also einer von hier sein oder einer, der mal hier wohnte. Warum schauen sich die Herren von der Polizei nicht mal Wohnung und Keller des Zwergenpeters an? Aber dann könnten sich auch gleich eine Hausdurchsuchung bei Stephan Harrer machen, dem Lottomann, der aus dem Dorf geekelt wurde.
Ohne Verdachtsmomente geht das nicht, sagt Achim. Nichts zu machen.
Judith und ich haben mit Leoni gesprochen, ob sie findet, dass wir wegziehen sollten aus Runsach. Erstaunliche Antwort: Nein. Auf keinen Fall. Sie will ihre Freundinnen nicht verlieren. Außerdem, sagte sie, trifft es ja nur Mädchen der Kowak-Familie.
Da waren wir beide baff.
Schön. Wir bleiben. Vorerst jedenfalls.

*

Stephan war drüben bei Kolbes. Er hatte sein Hühnerbuch dabei und saß mit Georg am Tisch im Garten, um nach der zu ihm passenden Gockelei zu schauen.
„Also doch keine Reichshühner?“ meinte Georg. Er grinste: „Hast wohl keine Lust auf Nazi-Hühner.“
Vor der Schweinerei hockten Polly, Dunja und Chayenne mit dem Leutnant und schauten Lady Henriette, Sir Arthur und den drei jungen Meerschweinchen zu, wie sie durch die Gänge der Schweinerei krabbelten. Sir Arthur war noch einmal zum Tierarzt gebracht worden und nur galt es als absolut sicher, dass er keine fortpflanzlerischen Schandtaten mehr begehen konnte. Seiner Zuneigung zum ehemaligen Sir Henry tat das keinen Abbruch. Die zwei vertrugen sich nach wie vor prächtig.
„Nein“, meinte Stephan. „Reichshühner sind nach wie vor meine erste Wahl. Aber es gibt dermaßen viele andere interessante Rassen. Ich kann mich nicht entscheiden. Hätte ich mehr Gelände zur Verfügung, ich würde zumindest zwei Rassen halten; natürlich durch einen Zaun getrennt. Man muss sie weit genug voneinander entfernt halten, sonst gibt’s bösartige Hahnenkämpfe.“ Er seufzte: „Ich weiß nicht. Reichshuhn oder nicht Reichshuhn? Das ist hier die Frage. Es ist was faul im Staate Harrershaus.“
„Ja, ja. Der Millionär hat´s schwär“, frotzelte Georg.
Sandra kam mit einem Tablett und Gläsern aus der Hintertür. Monica war bei ihr. Die war gerade aus dem Antiquariat gekommen.
„Kinder, kommt“, rief Sandra. „Es gibt Limonade.“
sofort kamen Polly, Dunja und Chayenne angelaufen. Es war heiß. Das Wetter machte durstig.
„Aah! Kefir-Limo“, rief Dunja und trank in großen Schlucken. „Schmeckt super! Man sollte dem Schratzl auch so was zum Trinken hinstellen. Aber mit Gift drin. Der Dreckskerl wollte Chayenne entführen.“
„Stimmt es, dass du unter deinem Bett lagst?“ fragte Stephan das Mädchen.
Chayenne nickte: „Das hat mich gerettet. Es war Pollys Idee.“ Sie schaute geknickt: „Aber jetzt funktioniert der Trick nicht mehr, weil die Polizei es weitererzählt hat. Alle wissen es; der Schratzl natürlich auch.“
„Aber Chayennes Papa hat überall Riegel angebaut, die man nur von innen öffnen kann“, sagte Dunja.
„Ich glaube nicht, dass das viel nützt“, sagte Chayenne leise. Sie blickte zu Boden. „Der Schratzl kann jedes Schloss und jeden Riegel mit seinen magischen Kräften öffnen.“
„Weißt du“, sagte Stephan, „ich glaube nicht, dass es der Schratzl war, Chayenne. Man hat doch diesen abgerissenen Schiebergriff eines Reißverschlusses gefunden. Von MMW, My Military Wear. Das beweist, das der Entführer ein Mensch ist. Ich habe selber Klamotten von MMW. Die sind praktisch bei der Gartenarbeit. Sie drücken nicht. Man kann sich gut darin bewegen, sich bücken um am Boden zu arbeiten. An den Reißverschlüssen meiner Sachen sind auch solche Schiebergriffe.“
„Du hast Militarysachen?“ Monica schaute erstaunt. „Die habe ich ja noch nie an dir gesehen.“
„Weil sie dunkel sind“, hielt Stephan dagegen. „Bei der Hitze momentan zieht das Schwarz die Sonnenstrahlen an wie ein Staubsauger. Ich will ja nicht im eigenen Saft schmoren. Im Herbst zieh ich das Zeugs an. Wirst sehen.“
Er wandte sich an Chayenne: „Du siehst, es ist ein Mensch und kein Schratzl.“
Chayenne schüttelte stumm den Kopf. Sie schaute Stephan lange an, bevor sie sprach: „Es ist der Schratzl. Der hat sich bloß als Mensch verkleidet.“
„Das glaube ich nicht“, sagte Stephan. Er versuchte, das Mädchen von seinen Sorgen abzulenken. „Ich bin sicher, es ist ein ganz normaler Mensch, Blauauge.“
Chayenne schaute ihn an: „Blauauge?“
Stephan lächelte ihr zu: „Ja. Du bist Blauauge. Polly ist Braunauge und Dunja ist … Mist! Die hat ja auch blaue Augen.“ Er tat, als wolle er in sein Hühnerbuch beißen: „Das ist ja zum Bücherfressen!“ Die Mädchen lachten hellauf.
„Nein!“ Stephan hob die Hand: „Wartet! Jetzt hab ich es! Dunja ist Saphirauge, Polly ist Rehauge und Chayenne ist Meerauge. Jawoll!“
Monica umarmte ihn von hinten und pochte mit dem Fingerknöchel auf das Buch in seinen Händen: „Und Stephan ist Hühnerauge.“
Die Mädchen kugelten sich vor Lachen.
„Hallo?“ rief es von der Straße her. „Ist Chayenne hier?“
Georg stand auf: „Einfach reinkommen. Ja, Chayenne ist hier. Achten Sie auf den Kampfhund.“ Natürlich war der Spitz gleich los geflitzt und hatte den Neuankömmling verbellt. Jetzt kam er mit einem Mann um die Ecke.
„Guten Tag“, stellte der sich vor. „Peter Kowak, der Vater von Chayenne. Ich bin mit dem Wagen da, um sie abzuholen. Jerry kann nicht. Der hat Fußballtraining.“
Man gab sich die Hand. Dann zeigte Chayenne ihrem Vater Pollys Schweinerei an der Garagenwand. Inzwischen war ein viertes Stockwerk dazugekommen.
Peter Kowak war platt: „Donnerwetter! Das ist ja genial! Er schaute sich die Konstruktion genau an. Dann grabschte er Chayenne und hob sie hoch, als wöge sie nichts: „Das bauen wir daheim auch, Jenne, und zwar genauso groß. Es muss ja groß genug für mindestens zwei Meerschweinchen sein. Weißt du, die leben nicht gerne allein. Zwei sollten es schon sein.“
Chayenne bekam große Augen: „Oh Papa! Ich krieg noch eins?“
Ihr Vater zwinkerte ihr zu: „Verrat mich nicht. Der Opa schenkt dir noch eins, sobald dein erstes bei uns eingezogen ist.“ Er ließ Chayenne los und bückte sich, um nachzuschauen, wie die Schweinerei konstruiert war.
„Es sind einzelne Module“, erklärte Stephan. „Die habe ich in meiner Werkstatt vorgefertigt. Geht ganz leicht und man kann sie miteinander kombinieren, wie man gerade Lust hat. Die Halterungen passen immer ineinander. Wenn Sie noch ein wenig Zeit haben, können wir rüber zu mir gehen. Ich zeige es Ihnen. Ein Modul ist gerade in der Mache.“
Also wanderte die ganze Bande bewacht vom Leutnant von Kolbes zu Harrers hinüber, wo Stephan Chayennes Vater zeigte, wie er die Module anfertigte. Er hatte auch Risszeichnungen.
Peter Kowak war beeindruckt: „Sagen Sie, geht auch altes Holz? Ich könnte da was organisieren. Mein Großcousin will einen alten Schuppen abreißen und einen größeren bauen. Da käme ich kostenlos an Holz ran.“
Sie gingen nach hinten in Stephans Garten. „Klar geht auch altes Holz“, sagte er. „Den Meeris ist das wurscht.“
Peter Kowak starrte in Stephans Garten: „Wow! Eine Feldbahn! Eine richtige Feldbahn! Cool!“ Er ging zu den Gleisen und schaute sich alles an: „Tatsächlich. Feldbahn. Sechzig-Zentimeterspur. Ganz klasse. Von so was habe ich schon als kleiner Junge geträumt.“ Er wanderte neben den Schienen entlang auf das Zelt zu, in dem Lok und Waggons standen. „Ich war mal mit zwölf mit einem Schulfreund bei seinen Verwandten. Die hatten eine Obstbaumplantage und dort gab es eine Feldbahn, mit der sie die Ernte einfuhren. Ich war hin und weg. Das Coolste war ein kleiner Personenwagen. Der sah aus wie eine verkleinerte Version der Personenwagen bei der großen Eisenbahn, mit zwei kleinen Drehgestellen, Fenstern und Dach. Er war dunkelgrün angestrichen wie die Personenwaggons früher zur Dampflokzeit.
Ich bin schon lange am überlegen, ob ich mir auch so was anschaffen soll. Unser Grundstück ist nicht besonders groß, aber hinten raus geht es über eine Wiese zum Wald. Dort habe ich Holzrechte. Dort schlag ich jedes Jahr Holz ein. Wir heizen daheim mit Holz. Mit solch einer Bahn könnte man das Holz leicht einfahren. Die Gleise kann man ja verlegen, wo man sie braucht.“
Chayenne schmiegte sich an ihren Vater: „Der Stephan träumt davon, seine Eisenbahn ganz weit fahren zu lassen – von Rhensach bis nach Runsach und dann weiter zur Schule in Achen. Dann könnte er uns Kinder immer in die Schule fahren und mittags wieder abholen.“
Stephan lächelte gequält: „Ach, lass nur. Das ist bloß so eine Träumerei.“
Peter Kowak schaute ihn erstaunt an: „Was heißt hier, bloß Träumerei? Ohne Träume wäre das Leben nicht lebenswert. Es sind unsere Träume, die uns im Leben voran bringen, die uns alles aushalten lassen und uns Kraft geben, das Leben zu meistern. Weil wir wissen, dass manche dieser Träume in Erfüllung gehen, wenn wir uns nur tüchtig anstrengen.“
Kowak lächelte Stephan an: „Ob Sie´s glauben oder nicht: Ich habe einen ganz ähnlichen Traum mit der Feldbahn. Natürlich geht es mir in ersten Linie um die Bahn, mit der ich das Holz einfahren kann. Aber schön wäre es, wenn diese Bahn länger wäre und auch andere ihr Holz damit einfahren könnten.
Mein größter Traum wäre eine Feldbahn für Personenverkehr, die von Runsach bis zum Semmersee führt. Der liegt hinter Achen. Dort wünsche ich mir einen Eisenbahncampingplatz. Damit könnte man sogar Geld verdienen.“
„Eisenbahncampingplatz?“ fragte Stephan. „Wie soll das denn angehen?“
„Na halt ein Campingplatz für Eisenbahner“, meinte Peter Kowak vergnügt. „Mein Cousin hat dort mit seiner Frau eine alte Pension gekauft. Die richtet er gerade her, um dort Sommerfrischler zu beherbergen. Es gibt dort einen alten Lokschuppen und noch einige Restgleise. Früher einmal führte von der Pension eine Feldbahn ins nächste Dorf und von dort aus weiter nach Achen bis zum Bahnhof der großen Eisenbahn. Im Sommer kamen die Feriengäste mit der Kleinbahn zum See gefahren. Bei der Pension lag ein Hafen. Ein kleiner Dampfer verkehrte auf dem Semmersee.“
Kowak zuckte die Achseln: „Den Schiffsanleger gibt es längst nicht mehr, aber die Pension steht noch und man kann den Verlauf der ehemaligen Feldbahngleise immer noch gut verfolgen. Stellen Sie sich vor, wir hätten eine Bahn von Rhensach über Runsach und Achen bis an den Semmersee.
Und bei der Pension würden dann die Gleise sich verzweigen wie die Äste eines Baumes und jede Familie, die eine Lok mit ein oder zwei Personenwagen hat, kann dorthin fahren und auf ihrem eigenen gemieteten Gleis campieren, mit Grill und Vorzelt und so.“
„Das wäre ja super“, rief Polly. „Jede Familie baut sich einen Waggon, der ist innen wie ein Wohnmobil mit Sitzen und Tischen und Klappbetten und dann fahren wir im Sommer immer an den See. Entweder zieht uns Stephan mit seiner Diesellok, die er sich demnächst kauft, oder jeder hat eine eigene kleine Lokomotive.“
„Man könnte eine Rundstrecke am See verlegen“, spann Peter Kowak den Traum weiter. „Von der Pension rüber zur Reithalle und durch die Schrebergärten und wieder zurück. Gäste könnten mit der Bahn mitfahren.“
Monica lehnte sich an Stephan: „Findest du nicht, dass das total schön klingt?“
„Ja“, sagte Stephan. Dieser Kowak überraschte ihn gewaltig. Eine solche Fantasie hätte er einem Kowaken nicht zugetraut. „Und man könnte eine Schulbahn einführen. Abwechselnd fährt jeder mal die Kinder zur Schule und holt sie ab.“ Er lächelte Kowak zu: „Ein wirklich schöner Traum. Leider braucht´s dazu vor allem eins: Viel Land.“
„Nicht so viel, wie Sie meinen“, hielt Peter Kowak dagegen. „Eine Feldbahn benötigt nur ein schmales Stück Land für Gleise und Unterbau.“ Er schürzte die Lippen: „Man sollte vielleicht mal bei Gelegenheit mit den Bürgermeistern der Orte reden, an denen die Strecke vorbei führt. So eine Kleinbahn wäre gut für den Tourismus. Das brächte Arbeitsplätze und würde Gäste anziehen.“
Sie kamen zum Zelt. Stephan zeigte Peter Kowak die Akkulok. „Das ist natürlich keine Lokomotive für weite Fahrten, aber vom Garten bis zum Wald packt sie es viele Male am Tag, bevor sie ans Ladegerät muss. Ich will mir noch eine Diesellokomotive anschaffen.“
Kowak nickte: „Ich denke, eine Diesellok wäre das Beste. Ich habe übrigens bei der miesen Sache gegen Sie nicht mitgemacht.“
Das kam so unverhofft, dass Stephan erst einmal völlig perplex war. Er brachte kein Wort heraus.
„Das ist nicht mein Ding“, fuhr Peter Kowak fort. „Ich bin keiner, der es hinten herum erledigt. Bei mir geht es immer geradeaus von vorne. Wenn es sein muss, poliere ich schon mal einem die Fresse. Kommt selten vor. Beim letzten Mal war ich zehn Jahre jünger. Man muss nicht alles mit Gewalt regeln. Man muss sich aber wehren. Ein Kowak lässt sich nichts gefallen. In Ihrem Fall aber … ich habe den Oberen gesagt, ich mache nicht mit dabei. Ich bin nicht hinterhältig. Das gibt’s bei mir nicht.
Ich war nicht der Einzige, das dürfen Sie mir glauben. Wir waren viele. Viele die sich weigerten, bei den linken Aktionen mitzumachen. Wir haben uns jede Menge Vorwürfe anhören müssen, aber das ging uns am Hintern vorbei. Ein Mann hat seine Ehre und wenn er die schützen will, hat ihm keiner dreinzureden, auch mein werter Herr Vater nicht, und wenn er hundertmal Siegfried Kowak heißt und das Oberhaupt der Großfamilie ist.
Er war auf hundertachtzig, als ich ihm sagte, er könne sich seine hinterhältigen Missetaten sonstwohin stecken. Hat ihm nicht viel gebracht. Ich höre auf meinen Vater, aber nicht in Ehrenangelegenheiten. Die gehen nur mich allein was an. Ich bin keiner, der hingeht und Leuten hintenrum alles kaputt macht, nur weil sie sich weigerten, nach Siegfried Kowaks Pfeife zu tanzen.
Nur eine Handvoll Leute hat sich breitschlagen lassen, bei dem Mobbing mitzutun. Das garantiere ich Ihnen, Harrer. Mir persönlich tut es leid. Was man mit Ihnen abgezogen hat, war unterste Schublade. Jetzt haben wir diese Webers vor der Nase sitzen. Sind nicht meine allerbesten Freunde, wenn ich das so sagen darf. Tragen die Nase hoch und verlangen Preise für ihr bisschen Land, da lachen ja die Hühner. Das ist Ackerland, kein Baugrund.“
Peter Kowak zuckte die Achseln: „Mir kann es egal sein. Wir wohnen nicht direkt neben den Leuten, aber Boris hat sich bereits über sie beschwert. Behauptet, Sie Harrer, hätten die absichtlich angelockt.“ Kowak lachte kurz auf: „Die Franziska hat ihm den Kopf gewaschen. Hat ihm vor versammelter Verwandtschaft vorgehalten, dass er selbst es gewesen ist, der den Webers einen überzogenen Preis in Aussicht gestellt hat. Jetzt hat er die neben sich hocken. Die halten sich für was Besseres. Ich wünsche ihm viel Spaß mit den eingebildeten Laffen.“
Er gab Stephan die Hand: „Dann nichts für ungut. Das mit der Bahn behalten wir mal im Kopf. Wer weiß, vielleicht erfüllt sich ja ein kleiner Teil unseres Traums. Hören Sie nie auf zu träumen, Harrer. Der Mensch kann ohne Träume nicht sein.“ Er legte den Arm um Chayenne: „Komm Prinzessin. Gehen wir.“
Dann waren sie fort. Stephan stand da und starrte ins Leere.
Georg kam zu ihm und klopfte ihm auf die Schulter: „Hast du ein Gespenst gesehen?“
„Nein. Einen Kowaken.“
Georg zuckte die Achseln: „So sind wir Menschen. Wir sind schnell mit Vorurteilen bei der Hand, aber nicht jeder, der Kowak heißt, ist deswegen automatisch ein Stück Mist. Wie den Peter gibt’s wahrscheinlich viele unter den Kowaks. Die räudigen Mistbienen sind eher selten gesät. Aber so geht es im Leben: Die Schlechten färben auf die Guten ab.“
„Menschen können sich ändern“, meinte Sandra. „Seht euch doch nur an, was aus Chayenne geworden ist. Es ist, als sei aus einer schmutzigen Larve ein wunderschöner Schmetterling geschlüpft.“
Stephan seufzte abgrundtief. „Warum nur sind solche Schmetterlinge nicht neben mir geschlüpft, als ich noch in Runsach wohnte? Leider habe ich die Miesen und Hinterhältigen angelockt. Egal!“ Er schaute in die Runde: „Hier habe ich es schöner und habe gute Freunde gefunden. Das ist die Hauptsache. Rhensach ist besser.“
„Allein schon deshalb, weil hier keine kleinen Mädchen entführt werden“, sagte Sandra.

19.03.2015 11:25 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
 
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