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Stefan Steinmetz
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Der Auszug aus Heimstadt(3) Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

7.

DAS TAGEBUCH DES DIETER MÜLLER:
04. JANUAR 1999:

Fast drei Jahre ist es nun her, daß wir in diesem Bunker Zuflucht fanden. Inzwischen sind die ersten Kinder hier unten zur Welt gekommen.
Welt? Mein Gott, was für eine WELT???
Sie werden Zeit ihres Lebens die Sonne nicht sehen! Welch ein Schicksal! Was sollen wir ihnen sagen, wenn sie nach der Welt dort oben fragen?
Dass ein paar Verrückte sie in wenigen Stunden zerstört und auf Jahrhunderte unbewohnbar gemacht haben? Waren es denn nur ein PAAR Verrückte? Tragen wir denn nicht ALLE einen Teil der Schuld? Solche Gedanken schmerzen. Sie bewirken, daß der Bunker enger und enger zu werden scheint wie ein Gefängnis. Wenn ich an die Wälder und Wiesen denke, die es jetzt im Oben nicht mehr gibt, zieht es mir das Herz zusammen.
An die Millionen und Abermillionen Menschen, die starben, wage ich erst gar nicht zu denken! Gibt es noch mehr solcher Bunker wie unseren? Ich halte das für gut möglich, obwohl wir bislang keinen Kontakt mit ihnen aufnehmen konnten. Die atmosphärischen Störungen sind zu stark.
Abgesehen davon geht es uns hier unten nicht schlecht. Die Wissenschaftler haben ganze Arbeit geleistet. Ihr kleiner unterirdischer Biotop funktioniert prima. Das Getreide wächst und die Tiere vermehren sich. Der Stausee, dessen Wasser unsere Generatoren antreibt, hat nichts abgekriegt und mit dem Strom betreiben wir unsere Atmosphäreaufbereiter und die vielen Lampen, die die Pflanzen wachsen und gedeihen lassen.
Wie es aussieht, klappt alles bestens. Dr. Wien, der Leiter der wissenschaftlichen Abteilung meint, daß wir ohne weiteres ein Jahrtausend in diesem Bunker überdaueren können. Wir haben auf Jahrzehnte, ja auf Jahrhunderte Ersatzteile und Rohstoffe eingelagert und wir besitzen die Möglichkeit Erze aufzubereiten um neue Maschinen herzustellen. Wir müssen nur sehr sparsam mit allem umgehen.
Trotzdem macht mich der Gedanke, den Rest meines Lebens in dieser Mikrowelt verbringen zu müssen, traurig. Wenn ich nicht meine Arbeit an den Generatoren hätte, würde ich sicher bald wahnsinnig werden.



8.

Derk und Sanja standen bis zu den Knieen im Schlamm des trockengelegten Abschnitts des Bewässerungskanals.
Einmal jährlich wurde Großputz durchgeführt. Dann reinigten die Bewohner von Sektor 7 das gesamte Bewässerungssystem. Sie befreiten die Wasserkanäle von wildwucherndem Pflanzenwuchs und schaufelten den angesammelten Schlick heraus. Der fruchtbare Schlamm wurde mit Handkarren auf die Felder gebracht. Er war ein besonders guter Dünger.
War ein Abschnitt gesäubert, reparierten die Maurer Schäden in der steinernen Einfassung der Wasserinnen.
Derk und Sanja schaufelten zusammen mit vielen anderen Kindern und Erwachsenen eifrig Schlick aus dem Kanal.
"Wo bleibt Timo?" fragte Sanja.
"Der ist bei seinem Großvater am Pumpenhäuschen und streicht das Geländer der Schleuse neu an", antwortete Derk.
"So ein Faulenzer!" rief Sanja. "Der fürchtet sich nur davor, ein bißchen schmutzig zu werden!"
Derk sah auf: "Ach wenn man vom Teufel spricht..."
"Tag Freunde." Timo stand am Rand des Kanals. Sanja fing an zu lachen.
"Wie siehst DU denn aus?" prustete sie. "Bunt wie ein Hahn auf dem Mist!" Timos Arbeitshosen und sein Hemd waren mit roten und grünen Farbspritzern übersät.
"Und du?" fragte Timo grinsend zurück. "Schau dich doch selber an alte Schlammwachtel!"
"Komm lieber runter und hilf uns beim Schlammschippen anstatt dumme Sprüche zu klopfen", forderte Derk. "Wir können ein bißchen Unterstützung gut gebrauchen."
"Genau!" krähte Ynette, Sanjas neunjährige Schwester, die mit von der Parie war.
Timo streckte die Nase in die Luft: "Pfff! Ich hab keine Gummistiefel dabei und mit den Segeltuchschuhen stell ich mich nicht in diesen Modder!"
"Zieh halt die Schuhe aus und geh barfuss wie wir anderen auch!" rief Sanja.
"Waas? Bin ich verrückt? Letztes Jahr bin ich ohne Stiefel im Kanal herumgestiegen und prompt auf eine alte, scharfkantige Wurzel getreten. Drei Tage konnte ich nicht laufen. Ohne mich meine Herrschaften!"
Derk lächelte Sanja hinterlistig zu. "Er hat bloß Angst vor einem bißchen Matsch", sagte er leise.
Sanja nickte: "Recht hast du. Dagegen muß man was unternehmen."
Ehe Timo sichs versah, war sie hochgesprungen und grabschte ihn am Hosenbein.
åeh! Lass das!" schrie Timo erschrocken und versuchte, sich zu befreien. Vergeblich. Er verlor das Gleichgewicht und fiel wild mit den Armen rudernd in die anderthalb Meter tiefe Rinne. Schlamm spritzte nach allen Seiten auf.
Sofort fielen Sanja, Derk und Ynette über den Gefallenen her und schmierten ihn mit Schlick ein.
"Elendes Gesindel!" tobte Timo und wehrte sich heftig. "Zu dritt gegen einen einzigen, schwachen Jungen! Na wartet! Euch werd ichs zeigen! So billig verkaufe ich meine Haut nicht!" Und er teilte wacker Schlammpackungen nach allen Seiten aus. Dabei traf er auch einige Unbeteiligte in der Nähe, die sofort mitmischten. Schlagartig fielen alle im Kanal arbeitenden Kinder übereinander her. Eine wilde Schlammschlacht tobte. Das Gekicher und Geschrei war bis zum Pumpenhäuschen von Timos Großvater zu vernehmen.
"Jedes Jahr das gleiche Trara", dachte der alte Telgar und schmunzelte. Auch zu seiner Jugendzeit war das Ausmisten der Kanäle nie ohne eine deftige Schlacht im Schlick über die Bühne gegangen.
Nach einer Viertelstunde schlossen die wilden Kämpen erschöpft Waffenstillstand. Sie wanderten zu Telgars Schleuse und sprangen mitsamt ihren verschmutzten Kleidern in das klare Wasser des Kanals dahinter. Jener Teil des Bewässerungssystems war noch nicht an der Reihe mit Großreinemachen.
Nach dem Bad verschwanden die Kinder feixend hinter irgendwelche Gebüsche und Hecken, wo sie in weiser Vorraussicht frische Ersatzklamotten versteckt hatten. Die nassen Kleidungsstücke wrangen sie aus und hängten sie in die Büsche zum Trocknen.
"Ach so hab ichs gerne!" entrüstete sich Timo. "Die Herrschaften haben frische Kleider dabei! Und ich?" Sanja und Derk lachten ihn aus.
"Selber schuld!" riefen sie. "Warum hast du denn auch keine trockenen Sachen im Pumpenhäuschen deines Opas hinterlegt?"
"Hat er doch!" rief Timos ältere Schwester lachend. "Der feine Herr wartete doch bloß auf eine passende Gelegenheit, abzuhauen. Er will sich nämlich nicht damit zufrieden geben frische Sachen anzuziehen, sondern der Herr Timo will sogar duschen!"
"Schnösel! Schnösel!" brüllten sie im Chor.
Zehn Minuten später saßen sie alle friedlich auf dem steinernen Rand der Schleuse, ließen die Beine ins Wasser baumeln und aßen s?e Waffeln, die Timos Groiutter gebacken hatte. Dazu tranken sie Apfelsaft und Mineralwasser.
Timo, Sanja und Derk saßen einträchtig mit den anderen Kindern zusammen. Nach dem schockartigen Erlebnis im Inkomp hatten sie sich verändert. Sie führten keine Lästerreden mehr über die Priesterschaft und den von ihnen gepredigten Glauben. Stattdessen wurden sie beinahe so etwas wie gläubige Anhänger der Heimkirche geworden. Timo spielte sogar mit dem Gedanken, Polit zu werden Dabei hatte er die Schergen der Heimkirche früher gehasst und verachtet. Die drei Freunde gingen wieder wie früher als kleine Kinder regelmäßig zu den Messen in der Heimkirche und strengten sich in der Schule mächtig an.
Sie waren das geworden, was sie nach dem Willen der Heimkirche und ihrer Eltern sein sollten: Drei unbeschwerte Teenager, die fleißig ihren Teil zum Bestehen und Gedeihen der Gemeinschaft Heimstadts beitrugen.
Mit großer Befriedigung registrierte Lehrpriester Fohler daß die drei Freunde alle revolutionären Ideen aus ihrem Herzen verbannt hatten und sich immer stärker der Heimkirche zuwandten. Seine Filmvorführung hatte den zusätzlichen Vorteil, daß die drei davon erzählten und so waren wohl auch von anderen Jugendlichen in nächster Zukunft keine Querelen zu erwarten.
Aber die Schlagsahne obenauf kam für Fohler erst noch. Oberpriester Volta lobte Fohler für seinen guten Einfall. In Zukunft wollte er solche Filmvorführungen wiederholen, auch vor Erwachsenen. Das würde allen zeigen, wie gut sie es in Heimstadt hatten.
"Sie hatten da eine wirklich ausgezeichnete Idee mein Bester", sagte er zu Fohler. "Diese kleinen Rebellen sind jetzt so zahm wie Lämmer. Wieso sind wir nicht schon früher auf den Gedanken gekommen, Bilder von der Oberfläche zu zeigen?"
Befriedigt lehnte er sich in seinem gepolsterten Ledersessel zurück. "Diese Filmvorführungen werden unsere Vormachtstellung noch steigern. Sie haben der Heimkirche einen unschätzbaren Dienst erwiesen, werter Lehrpriester. Ich denke, ich werde sie dafür in Kürze befördern."
Fohler konnte sein Glück nicht fassen. Eine Beförderung würde ihn in den inneren Kreis der kirchlichen Machthierarchie erheben.
"Ich fühle mich zutiefst geehrt", sagte er. Er verbeugte sich und küsste den Ring des Oberpriesters. Dieser lächelte ihn wohlwollend an. Fohler war schon immer sein treuergebener Diener gewesen und Volta hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt, den Lehrpriester aufsteigen zu lassen. Seine letzte Aktion war für die Heimkirche von großem Wert und Volta schalt sich einen Narren, daß er nicht selbst auf die Idee gekommen war. Dabei lag diese Taktik doch so nahe.
Den Priesterschülern führte man den Film über die zerstörte Oberfläche mehrmals während ihrer Lehrzeit vor, um sie für ihr kommendes kirchliches Werk zu stärken. Denn nur wer fest daran glaubte, daß das Oben eine tote, zerstörte Welt war, konnte diesen Glauben auf die Anhänger der Heimkirche übertragen.
Von nun an sollten nicht nur die niederen Priester des äußeren Kreises die zerstörte Welt sehen, sondern auch die einfachen Gläubigen. Sie sollten erfahren, was die große Katastrophe des Weltbrandes vor neunhundertachtzig Jahren angerichtet hatte.
Und genau wie die niederen Priester brauchten die einfachen Gläubigen nicht zu erfahren, daß der Film bereits neunhundertachtzig Jahre alt war. Nur die Oberpriester der Sektoren und ihre Ratsmitglieder wussten davon.
Wenn Fohler in den inneren Kreis aufgenommen wurde, galt es, ihm klar zu machen, daß dieses Wissen für die einfachen Leute nicht wichtig war. Wichtig war allein der feste segensspendende Glaube an Gott und die Heimkirche. Wichtig war allein das Gedeihen von Heimstadt und der Erhalt der Macht der Heimkirche. Nur das zählte!
Niemals durften die Bewohner Heimstadts erfahren, daß jener Film von der Oberfläche beinahe tausend Jahre alt war.
Niemals durften sie erfahren, daß es schon seit Jahrhunderten ungefährlich war, die Oberfläche zu betreten!!




9.

DAS TAGEBUCH DES DIETER M„LER:
08. AUGUST 2016:

Zwanzig Jahre ist es jetzt her, dass die Welt unterging. Vieles hat sich seitdem verändert. Ich bin leitender Ingenieur geworden und habe geheiratet. Da ich eine hohe Position bekleide, haben Birgit und ich die Erlaubnis erhalten, ein Kind zu zeugen. Erst nach der Geburt von Melissa ließ ich mich sterilisieren. Es geht nicht anders! Wenn wir uns vermehren würden, wie es der Natur gefällt, würde der Bunker bald aus allen Nähten platzen.
Die Bevölkerung des Sektors ist inzwischen auf 562 Köpfe angewachsen. Die Wissenschaftler reden davon, daß der Bunker noch etwa dreihundert Menschen mehr aufnehmen kann. Da habe ich mich damals vor zehn Jahren ja gewaltig verschätzt.
An das Draußen denke ich nicht mehr so oft. Wenn Melissa, die jetzt acht Jahre alt ist, mich danach fragt, erzähle ich ihr dieselbe Geschichte wie die Wissenschaftler und die Priester: Daß sich die Menschheit in ihrer Blasiertheit selbst ausgelöscht hat und daß oben alles tot ist.
Für die Priester ist freilich der Satan höchstpersönlich für die Katastrophe verantwortlich und sie finden offene Ohren für ihre Predigten. Der Teufel habe die Menschheit verblendet und verdorben, behaupten sie. Nur hier im Bunker habe Gott uns eine Heimstatt erhalten. Das wiederholten sie so oft, daß die Leute den Bunker mittlerweile auch so nennen: HEIMSTATT.
Mir ist dieses religiöse Getue ein bißchen zu übertrieben. Die Menschen wollen natürlich gerne glauben, daß nicht sie selbst schuld an dem furchtbaren Unglück sind, daß die Erde vernichtete, sondern der Teufel. Sie wollen nur zu gerne glauben, daß sie Auserwählte sind, über die Gott seine schützende Hand hält.
Mir ist das egal. Ich nenne den Bunker auch weiterhin BUNKER, weil er einer ist.
Aber die meisten Leute hier unten wendeten sich schnell dem neuen Glauben zu, der ihnen weis macht, dass sie einzigartig sind auf der Welt. (Na ja ... sind wir ja eigentlich auch oder?). Auf diese Art und Weise ist es für sie wohl leichter, das Eingesperrtsein zu ertragen.



10.

DAS TAGEBUCH DES DIETER M„LER:
24. DEZEMBER 2023:

Heiligabend im Bunker.
Melissa, die jetzt fünfzehn Jahre alt ist, hat sich sehr über ihre Geschenke gefreut. Besonders über den zahmen Zeisig. In der Kirche hat sie laut mitgebetet und gesungen, dass sie Gott für seine unendliche Güte danke. Sie ist froh und dankbar, in Heimstadt leben zu dürfen. Ich kanns ihr nicht verdenken, bei dem Zeugs, das die Priester ihr und ihren Altersgenossen tagtäglich eintrichtern.
Einige Male wollte ich mich gegen die einseitigen Lehren der Kirche stellen, aber Birgit meine Frau duldet es nicht. Ich solle Melissa nicht ihren Glauben nehmen, meint sie. Was hätte unsere Tochter davon, über den Atomkrieg traurig zu sein und einer Welt nachzutrauern, die unwiderbringlich verloren ist.
"Untersteh dich, Melissa ihren Glauben an Gott madig zu machen!" schimpft Birgit, wenn ich davon anfange. "Sieh doch, wie glücklich sie ist! Hast du draußen jemals so glückliche und zufriedene Kinder gesehen? Was war denn so gut an der alten Welt? Ich kann mich an nichts erinnern! Hier aber geht es uns gut! Wir leiden keinen Mangel. Es fehlt uns an nichts. Es gibt keine Kriminalität, keine Drogen, keinen Betrug. Was willst du mehr? Dies ist das Utopia, von dem die Wissenschaftler früher immer schwafelten, es aber nicht errichten konnten. Die Not hat uns zusammengeschweißt. Die Not und der Glaube! Lass Melissa in Frieden!"
Wenn sie so spricht, fällt mir keine Erwiderung ein. Im Gegenteil! Ich muß ihr Recht geben. Wir leben alle in Ruhe und Frieden. Wir sind bestens versorgt.
Doch die ständige Machtzunahme der Kirche will mir nicht gefallen!
Mittlerweile hat sie bereits den Wissenschaftlern den Rang abgelaufen. Sie ist tonangebend geworden im Bunker (ich werde NIEMALS Heimstatt dazu sagen!) und aus Erfahrung weiß ich: Macht korumpiert! Ich habe meine Geschichtsbücher gelesen!
Anfangs war es noch nicht so schlimm. Da wurden wichtige Entscheidungen wie etwa die Notwendigkeit einer wirksamen Geburtenkontrolle noch in demokratischer Abstimmung entschieden. Doch als sich immer mehr Menschen der Kirche zuwandten, fingen die Priester an, den Gläubigen vorzusagen, für was sie zu stimmen haben. Nach einigen Jahren gerieten die Wissenschaftler, denen wir den Bunker verdanken, immer weiter ins Hintertreffen. Nach Aussage der Kirche möchte man fast glauben, daß der liebe Gott persönlich den Bunker gebaut hat!
So erreichte uns vor zwei Jahren ein Funkspruch aus einem Bunker in den Vogesen, wo ein paar hundert Leute fast genauso leben wie wir. Die Wissenschaftler waren hellauf begeistert und wollten sofort einen gepanzerten Helikopter losschicken.
Als die Priester davon Wind bekamen, wehrten sie sich erbittert gegen diese Vorstellung. Draußen sei das Land des Satans, sagten sie, und niemand dürfe dieser furchtbaren Gefahr ausgesetzt werden. Eine Expedition zu den Vogesen sei ganz und gar abzulehnen.
Die Wissenschaftler nannten die Priester einen Haufen verbohrter Dummköpfe, die nichts verstehen. Es sei wichtig, Kontakt mit anderen Überlebensoasen der Menschheit aufzunehmen und auszubauen. Vielleicht konnte man mit der Zeit sogar Handel untereinander treiben. Das wäre wichtig.
Die Priester waren wohl echt sauer, daß man sie als verbohrte Dummköpfe bezeichnete, denn jetzt schalteten sie nicht nur auf stur, sondern gingen aggressiv gegen die Wissenschaftler und ihre Anhänger vor. Es sei nicht zu verantworten, auch nur Funkkontakt mit dem Draußen aufrecht zu erhalten und schon garnicht wollten sie zulassen, daß mit irgendwelchen fremden Bunkern Handel getrieben wurde.
"Draußen regiert der Satan!" predigten sie. "Es kann doch wohl nicht angehen, daß die Herren Wissenschaftler im Ernst daran denken dürfen, Unschuldige nach draußen zu schicken, wo der sichere Tod sie erwartet! Niemand kann draußen überleben! Dort ist der Teufel! Wehrt euch gegen dieses Ansinnen!"
Nicht einmal die Funkerei wollten sie noch länger zulassen, diese Saubande von machtgeilen Scheinheiligen!
"Wer will wissen, ob nicht der Satan persönlich die Bewohner von Heimstadt mit falschen Funksprüchen zum Narren hält?" sagten sie. "Vielleicht wartet er nur auf einen günstigen Moment, um mit seinen dämonischen Horden nach Heimstatt einzudringen! Die heiße, giftige Luft der Hölle wird uns uns unsere Kinder ermorden! Der Satan wird über Heimstatt herrschen!"
Bei der anschließenden Abstimmung erhielten die Wissenschaftler nicht einmal 10 % der abgegebenen Stimmen. Auf Wunsch der meisten Leute wurde der Kontakt mit dem Vogesenbunker abgebrochen, damit Heimstadt nicht länger den Einflüsterungen des Teufels ausgesetzt sei.
Seitdem wuchs die Macht der Kirche sehr stark an und das gibt mir ernstlich zu denken. Es ging noch nie gut, wenn dermaßen einseitige Gesellen die Macht über eine Gemeinschaft erhielten. Die Menschen sind mittlerweile so weit, daß sie vom Draußen nichts mehr hören wollen. Sie schließen sich praktisch selbst im Bunker ein. Klassischer Verdrängungskomplex!
Auch eine kleine Erforschungsexpedition mit den Geländekriechern wurde sofort abgelehnt. Hoffentlich blüht uns nicht noch Schlimmeres!

01.04.2013 17:17 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
 
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